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15.03.2009, 10:59
15. März 2009
Kasinos beklagen Spieler-Schwund
Die neun staatlichen Spielbanken im Freistaat mussten im vergangenen Jahr fast 30 Prozent Gewinnrückgang hinnehmen.
Schuld daran soll das Nichtrauchergesetz sein
"Geniessen Sie einen Abend in einer der bayerischen Spielbanken. Fortuna erwartet Sie!" - So werben Bayerns Spielbanken auf ihrer Webseite. Doch Fortuna hat immer weniger Gäste. Während im vergangenen Jahr deutschlandweit das Minus beim Bruttospielertrag - der Differenz zwischen Spieleinsätzen und ausbezahlten Gewinnen - bei 20,7 Prozent lag, sank er in den neun bayerischen Spielbanken sogar um 28,3 Prozent. Zum Leidwesen des bayerischen Finanzministers: 2007 brachte die Spielfreude der Bayern den Spielbanken und damit dem Freistaat noch 116,9 Millionen Euro an Einnahmen. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 83,8 Millionen Euro.
Erwin Horak, Präsident der Staatlichen Lotterieverwaltung, kennt einen der Gründe für diese Entwicklung: "Das dicke Minus in Bayern liegt zu einem guten Teil an dem strengen bayerischen Nichtraucherschutzgesetz." Das belegen auch die Zahlen. Betrug nämlich beim großen Spiel - also Roulette, Black Jack und Poker - der Rückgang nur 12,8 Prozent, ging der Ertrag beim Automatenspiel um 33,9 Prozent zurück. Gerade das Automatenspiel ist aber besonders beliebt: Mehr als die Hälfte der Spieler versuchen dort ihr Glück. Studien zeigen, dass fast alle von ihnen auch rauchen.
Und das Rauchverbot trifft sie besonders. Während nämlich Roulette-Spieler auch einmal für eine Zigarette vor die Tür gehen, lassen Automatenspieler ihr Spielgerät ungern aus den Augen: "Sieben, acht oder auch neun Stunden sind bei süchtigen Spielern keine Seltenheit. Das kontinuierliche Spiel am Automaten dient dazu, sich scheinbar von Alltagsbelastungen frei zu machen", sagt Tobias Hayer, Glücksspielforscher an der Universität Bremen. Wer so lange vor einem Automaten sitzt und gleichzeitig Raucher ist, bekommt schnell ein Problem, wenn er am Platz nicht rauchen darf.
Deshalb, so vermuten die Spielbankbetreiber, wanderten in den vergangenen Monaten viele Spieler ab - verstärkt auch ins benachbarte Ausland, vor allem nach Österreich, wo Rauchen erlaubt ist: von Garmisch-Partenkirchen nach Seefeld, von Lindau nach Bregenz, von Bad Reichenhall nach Salzburg "Wir freuen uns sehr, dass wir im abgelaufenen Jahr wieder mehr deutsche Gäste begrüßen durften. In unseren Kasinos in Grenznähe konnten wir 2008 ein Plus von etwa zwei Prozent verzeichnen", sagt Martin Himmelbauer von den Kasinos Austria.
Dieser Trend setzt sich auch 2009 fort. Zwar hat Kasinos Austria zum 1. Januar alle Restaurants und weite Teile der Spielräumlichkeiten zu Nichtraucherzonen umgestaltet. Das Rauchen ist aber auch weiterhin in einigen ausgewiesenen Bereichen der österreichischen Kasinos möglich.
Das Minus der bayerischen Spielbanken reißt ein Loch in die Kassen von Freistaat und Spielbank-Gemeinden. Vom Bruttospielertrag zahlen die Kasinos die sogenannte Spielbankabgabe. Führten sie im Jahr 2007 noch rund 60 Millionen Euro ab, waren es im vergangenen Jahr nur noch rund 30 Millionen Euro. Davon erhielten die neun bayerischen Spielbankgemeinden 2007 noch rund 17,5 Millionen, 2008 dann nur noch 12,5 Millionen Euro.
"Wir spüren, dass die rosigen Zeiten vorbei sind", heißt es im Rathaus von Garmisch-Partenkirchen. Schon die neue Spielbank im benachbarten Bad Wiessee, die im Juni 2005 eröffnet wurde, wirkte sich negativ auf den Haushalt von Garmisch-Partenkirchen aus. Im vergangenen Jahr flossen noch 1,8 Millionen Euro aus der Spielbankabgabe in die Kassen. In diesem Jahr rechnet man am Fuß der Zugspitze mit 1,65 Millionen Euro. "In den besten Zeiten bekamen wir aus der Spielbankabgabe vier Millionen Euro pro Jahr", sagt Rathaus-Sprecher Stefan Nöbauer.
Spielbanken sind nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. In vielen Orten sind sie auch ein wichtiger Arbeitgeber. In dem 3500-Einwohner-Ort Bad Steben in Oberfranken zum Beispiel gehört die Spielbank mit 55 Arbeitsplätzen zu den größeren Arbeitgebern. Gemeinsam haben die Spielbankgemeinden deshalb versucht, politischen Druck auszuüben und eine Lockerung des Nichtraucherschutzgesetzes herbeizuführen. Erfolg hatten sie damit vorerst aber nicht. Jetzt hoffen sie auf dessen Novellierung im Sommer.
Neben den Kasinos in Österreich oder Tschechien fürchten die bayerischen Spielbanken auch die Konkurrenz im Inland. Auch wenn in Deutschland das Glücksspiel im Netz verboten ist, konnte das den Aufschwung des Onlinepokerns nicht verhindern.
Daneben wächst das Angebot an Spielhallen. Der Umsatz bei den gewerblichen Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten wuchs allein 2007 um 12,7 Prozent. Um das Nichtraucherschutzgesetz zu umgehen, haben sich die Spielhallen im vergangenen Jahr fast ausnahmslos zu Raucherclubs erklärt. Gerade für auffällige Spieler sind sie eine willkommene Alternative zu den Spielbanken. Denn der von den Ländern geschlossene Glücksspielstaatsvertrag schreibt seit dem 1. Januar 2008 vor, dass in staatlichen Spielbanken für das Automatenspiel die Ausweiskontrolle Pflicht ist und der Name zum Schutz der Spieler mit einer Sperrdatei abgeglichen werden muss.
Für gewerbliche Spielhallen gilt diese Regelung nicht. Dort darf jeder spielen. Einzige Voraussetzung: Man muss volljährig sein. Spieler, die wegen ihres auffälligen Spielverhaltens zu Spielbanken keinen Zutritt mehr haben, holen sich ihren Kick deshalb in den Spielhallen.
Kritiker warnen davor, dass damit wichtige Kontrollmechanismen unterlaufen werden und so die Gefahr steigt, dass Spielsüchtige nicht mehr rechtzeitig vom Spiel abgehalten werden. Zwischen 0,19 und 0,56 Prozent der Bevölkerung gelten als spielsüchtig, das sind deutschlandweit zwischen 100 000 und 290 000 Menschen. Hinzu kommen zwischen 150 000 und 340 000 sogenannte Problemspieler, vor allem Männer.
Um dem Abwärtstrend entgegenzuwirken und ihre Einnahmenverluste auszugleichen, setzen die bayerischen Spielbanken nun vermehrt auf besondere Veranstaltungen. In Garmisch-Partenkirchen zum Beispiel lädt die Spielbank regelmäßig zu Kabarett und Varieté ein. Die "Winner's Lounge" in Bad Wiessee bietet in exklusivem Ambiente Comedy und Musik. In der Spielbank Bad Kötzting entsteht gerade ein als Wintergarten gestalteter Event-Bereich. "Unsere Gäste nehmen die neuen Angebote begeistert an", sagt Horak.
Quelle: <a href="http://www.welt.de/wams_print/article3378931/Kasinos-beklagen-Spieler-Schwund.html">http://www.welt.de/wams_print/article33 ... hwund.html</a>
Kasinos beklagen Spieler-Schwund
Die neun staatlichen Spielbanken im Freistaat mussten im vergangenen Jahr fast 30 Prozent Gewinnrückgang hinnehmen.
Schuld daran soll das Nichtrauchergesetz sein
"Geniessen Sie einen Abend in einer der bayerischen Spielbanken. Fortuna erwartet Sie!" - So werben Bayerns Spielbanken auf ihrer Webseite. Doch Fortuna hat immer weniger Gäste. Während im vergangenen Jahr deutschlandweit das Minus beim Bruttospielertrag - der Differenz zwischen Spieleinsätzen und ausbezahlten Gewinnen - bei 20,7 Prozent lag, sank er in den neun bayerischen Spielbanken sogar um 28,3 Prozent. Zum Leidwesen des bayerischen Finanzministers: 2007 brachte die Spielfreude der Bayern den Spielbanken und damit dem Freistaat noch 116,9 Millionen Euro an Einnahmen. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 83,8 Millionen Euro.
Erwin Horak, Präsident der Staatlichen Lotterieverwaltung, kennt einen der Gründe für diese Entwicklung: "Das dicke Minus in Bayern liegt zu einem guten Teil an dem strengen bayerischen Nichtraucherschutzgesetz." Das belegen auch die Zahlen. Betrug nämlich beim großen Spiel - also Roulette, Black Jack und Poker - der Rückgang nur 12,8 Prozent, ging der Ertrag beim Automatenspiel um 33,9 Prozent zurück. Gerade das Automatenspiel ist aber besonders beliebt: Mehr als die Hälfte der Spieler versuchen dort ihr Glück. Studien zeigen, dass fast alle von ihnen auch rauchen.
Und das Rauchverbot trifft sie besonders. Während nämlich Roulette-Spieler auch einmal für eine Zigarette vor die Tür gehen, lassen Automatenspieler ihr Spielgerät ungern aus den Augen: "Sieben, acht oder auch neun Stunden sind bei süchtigen Spielern keine Seltenheit. Das kontinuierliche Spiel am Automaten dient dazu, sich scheinbar von Alltagsbelastungen frei zu machen", sagt Tobias Hayer, Glücksspielforscher an der Universität Bremen. Wer so lange vor einem Automaten sitzt und gleichzeitig Raucher ist, bekommt schnell ein Problem, wenn er am Platz nicht rauchen darf.
Deshalb, so vermuten die Spielbankbetreiber, wanderten in den vergangenen Monaten viele Spieler ab - verstärkt auch ins benachbarte Ausland, vor allem nach Österreich, wo Rauchen erlaubt ist: von Garmisch-Partenkirchen nach Seefeld, von Lindau nach Bregenz, von Bad Reichenhall nach Salzburg "Wir freuen uns sehr, dass wir im abgelaufenen Jahr wieder mehr deutsche Gäste begrüßen durften. In unseren Kasinos in Grenznähe konnten wir 2008 ein Plus von etwa zwei Prozent verzeichnen", sagt Martin Himmelbauer von den Kasinos Austria.
Dieser Trend setzt sich auch 2009 fort. Zwar hat Kasinos Austria zum 1. Januar alle Restaurants und weite Teile der Spielräumlichkeiten zu Nichtraucherzonen umgestaltet. Das Rauchen ist aber auch weiterhin in einigen ausgewiesenen Bereichen der österreichischen Kasinos möglich.
Das Minus der bayerischen Spielbanken reißt ein Loch in die Kassen von Freistaat und Spielbank-Gemeinden. Vom Bruttospielertrag zahlen die Kasinos die sogenannte Spielbankabgabe. Führten sie im Jahr 2007 noch rund 60 Millionen Euro ab, waren es im vergangenen Jahr nur noch rund 30 Millionen Euro. Davon erhielten die neun bayerischen Spielbankgemeinden 2007 noch rund 17,5 Millionen, 2008 dann nur noch 12,5 Millionen Euro.
"Wir spüren, dass die rosigen Zeiten vorbei sind", heißt es im Rathaus von Garmisch-Partenkirchen. Schon die neue Spielbank im benachbarten Bad Wiessee, die im Juni 2005 eröffnet wurde, wirkte sich negativ auf den Haushalt von Garmisch-Partenkirchen aus. Im vergangenen Jahr flossen noch 1,8 Millionen Euro aus der Spielbankabgabe in die Kassen. In diesem Jahr rechnet man am Fuß der Zugspitze mit 1,65 Millionen Euro. "In den besten Zeiten bekamen wir aus der Spielbankabgabe vier Millionen Euro pro Jahr", sagt Rathaus-Sprecher Stefan Nöbauer.
Spielbanken sind nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. In vielen Orten sind sie auch ein wichtiger Arbeitgeber. In dem 3500-Einwohner-Ort Bad Steben in Oberfranken zum Beispiel gehört die Spielbank mit 55 Arbeitsplätzen zu den größeren Arbeitgebern. Gemeinsam haben die Spielbankgemeinden deshalb versucht, politischen Druck auszuüben und eine Lockerung des Nichtraucherschutzgesetzes herbeizuführen. Erfolg hatten sie damit vorerst aber nicht. Jetzt hoffen sie auf dessen Novellierung im Sommer.
Neben den Kasinos in Österreich oder Tschechien fürchten die bayerischen Spielbanken auch die Konkurrenz im Inland. Auch wenn in Deutschland das Glücksspiel im Netz verboten ist, konnte das den Aufschwung des Onlinepokerns nicht verhindern.
Daneben wächst das Angebot an Spielhallen. Der Umsatz bei den gewerblichen Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten wuchs allein 2007 um 12,7 Prozent. Um das Nichtraucherschutzgesetz zu umgehen, haben sich die Spielhallen im vergangenen Jahr fast ausnahmslos zu Raucherclubs erklärt. Gerade für auffällige Spieler sind sie eine willkommene Alternative zu den Spielbanken. Denn der von den Ländern geschlossene Glücksspielstaatsvertrag schreibt seit dem 1. Januar 2008 vor, dass in staatlichen Spielbanken für das Automatenspiel die Ausweiskontrolle Pflicht ist und der Name zum Schutz der Spieler mit einer Sperrdatei abgeglichen werden muss.
Für gewerbliche Spielhallen gilt diese Regelung nicht. Dort darf jeder spielen. Einzige Voraussetzung: Man muss volljährig sein. Spieler, die wegen ihres auffälligen Spielverhaltens zu Spielbanken keinen Zutritt mehr haben, holen sich ihren Kick deshalb in den Spielhallen.
Kritiker warnen davor, dass damit wichtige Kontrollmechanismen unterlaufen werden und so die Gefahr steigt, dass Spielsüchtige nicht mehr rechtzeitig vom Spiel abgehalten werden. Zwischen 0,19 und 0,56 Prozent der Bevölkerung gelten als spielsüchtig, das sind deutschlandweit zwischen 100 000 und 290 000 Menschen. Hinzu kommen zwischen 150 000 und 340 000 sogenannte Problemspieler, vor allem Männer.
Um dem Abwärtstrend entgegenzuwirken und ihre Einnahmenverluste auszugleichen, setzen die bayerischen Spielbanken nun vermehrt auf besondere Veranstaltungen. In Garmisch-Partenkirchen zum Beispiel lädt die Spielbank regelmäßig zu Kabarett und Varieté ein. Die "Winner's Lounge" in Bad Wiessee bietet in exklusivem Ambiente Comedy und Musik. In der Spielbank Bad Kötzting entsteht gerade ein als Wintergarten gestalteter Event-Bereich. "Unsere Gäste nehmen die neuen Angebote begeistert an", sagt Horak.
Quelle: <a href="http://www.welt.de/wams_print/article3378931/Kasinos-beklagen-Spieler-Schwund.html">http://www.welt.de/wams_print/article33 ... hwund.html</a>