PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Michael Keiner im Interview:



spielo
01.06.2009, 11:03
Michael Keiner im Interview: "Fünf Bracelets gehen nach Deutschland!"
Von Dirk Oetzmann

Die Jubiläums-WSOP hat begonnen. Mit dabei ist einer der Spieler, die sich als Pioniere des Live-Spiels um die Pokerszene in Deutschland besonders verdient gemacht haben. Wir erwischten Michael Keiner kurz vor seinem Aufbruch und sprachen mit ihm über seine Pläne, das USD 50k HORSE, die Erfolge deutscher Spieler und das EPT-Fiasko in Dortmund.

1. Teil: Michael Keiner über das USD 50k HORSE, Budgets und seine Vorliebe für Mixed Events.

PokerListings: Hallo, Michael Keiner. Sie sind noch hier? Da werden Sie das USD 40k-Jubiläumsturnier aber leider verpassen.

Michael Keiner: Stimmt. Aber das ist auch nicht Teil meiner Planung in diesem Jahr. Ich habe zwar von 888 ein Budget bekommen, aber dieses Buy-in würde eben doch eine Lücke reißen. Ich würde auch gerne den USD 50k Königsevent H.O.R.S.E spielen, aber dann kann ich nicht mehr alle anderen Events spielen, die ich gerne dabei hätte. Wenn mich natürlich jemand staken möchte, bin ich für alle Angebote offen. Ihr könnt gerne einen offiziellen Aufruf starten. (Anm. d. Red.: Alle ernst gemeinten Angebote bitte direkt an [email protected].)

PL: Ist hiermit geschehen. Welche Events werden Sie denn spielen?

Keiner: Mein erstes Turnier wird wohl das USD 1500 Omaha Hi-Lo. Alles andere lasse ich auf mich zukommen. Da ich letztes Jahr in Las Vegas schwer krank geworden bin und mich inzwischen operieren lassen musste, wollte ich mich in diesem Jahr nicht selbst unter Druck setzen. Aber im Main Event bin ich natürlich auf jeden Fall dabei.

PL: Was ist denn passiert?

Keiner: Ich bekam ein Glaukom und musste mich einer Augen-OP unterziehen. Ziemlich unangenehme Geschichte, aber dafür kann ich jetzt zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder ohne Brille Zeitung lesen.

PL: In diesem Jahr wird es bei der WSOP keine Rebuy-Turniere mehr geben. Das ist...

Keiner: ...die beste Idee seit Jahren! Ich habe in meinem Leben nur zwei oder drei Rebuy-Turniere gespielt, dann hat es mir endgültig gereicht. Einmal saß ich neben Phil Ivey am Tisch, der sich offenbar mit einem Kollegen abgesprochen hatte. Die beiden gingen einfach buchstäblich in jeder Hand pre-Flop all-in. Da stand sogar so eine Art Lieferant mit am Tisch, der nur dafür da war, ständig neue Chips zu liefern. Das lief alles unter dem Motto "Ich kaufe mir ein Bracelet". So etwas hat mit Poker nichts mehr zu tun, und ich bin sehr zufrieden darüber, dass es damit nun vorbei ist.

PL: Gibt es so etwas wie ein Lieblings-Event für Sie?

Keiner: Ich spiele besonders gerne Mixed Events. Das USD 10k 8-Game Turnier werde ich also auf jeden Fall spielen. Mein Traum wäre ein Turnier, in dem NL Hold'em, PL Omaha und Limit Stud gespielt wird. Das würde alle wichtigen Disziplinen vereinen und wäre ein toller Mehrkampf-Event, in dem alle Fähigkeiten eines guten Pokerspielers gefordert wären. Insgesamt gibt es dieses Jahr etwa 20 Events, die ich gerne spielen würde. Wie viele es dann letztendlich werden, hängt davon ab, wie ich mich fühle.

PL: Reicht das Budget denn dafür?

Keiner: 888 ist da ziemlich großzügig. Mir geht es da zweifellos besser als den meisten, die bei PokerStars unter Vertrag stehen. Ich kann USD 100.000 praktisch nach eigenem Ermessen aufteilen. Es gibt nur zwei Turniere, die ich vertraglich verpflichtet bin, zu spielen.

PL: Gibt es ein Leben nach der WSOP?

Keiner: Ja! Ich bleibe voraussichtlich bis zum 12. Juli, es sei denn, ich bin dann noch im Main Event. In dem Fall chartere ich mir einen Privatjet und fliege nach Klagenfurt.

PL: Wie bitte?

Keiner: Kein Witz. Am 12. Juli beginnt die CAPT in Velden, und die werde ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Abgesehen von der WSOP ist Velden für mich immer wieder der absolute Saisonhöhepunkt, und wenn mich kein Linienflug dorthin bringt, setze ich alle Hebel in Bewegung, um trotzdem dabei zu sein.

Quelle: PokerListings.de

spielo
01.06.2009, 11:04
2. Teil des Interviews mit Michael Keiner: Warum die CAPT so beliebt ist und wieso die Erfolge bei der EPT erst der Auftakt für eine erfolgreiche deutsche Bilanz bei der WSOP waren. Außerdem: Was war da los in Dortmund?


PokerListings: Was macht die CAPT denn so außergewöhnlich?

Michael Keiner: Die Turniere in Österreich sind einfach immer hervorragend organisiert. Edgar Stuchly (CAPT-Manager, Anm. d. Red.) weiß genau, was die Spieler möchten und richtet sich auch danach. Auf der einen Seite gibt es neben den Turnieren immer gute Cash Games auf verschiedenen Limits, auch Omaha-Tische, und es sind auch immer Tische verfügbar. Das Rake ist zwar mit bis zu €15,- etwas zu hoch, aber das wird durch viele Kleinigkeiten wieder wettgemacht.

PL: Zum Beispiel?

Keiner: Spieler erhalten beispielsweise Soft Drinks gratis, in manchen Casinos sogar ein Glas Bier oder Wein, oder es gibt ein paar Mitternachtssnacks, Obst, alles Mögliche. Das sind alles keine wichtigen Dinge, aber sie machen einem den Aufenthalt eben doch sehr angenehm. Wenn ich da an Dortmund und die unsägliche Verpflegungspauschale denke...

PL: Dazu kommen wir noch. Sie kommen dann natürlich auch zur Poker EM in Baden/Österreich im Oktober?

Keiner: Selbstverständlich. Ich bin ja schließlich auch noch Kapitän des deutschen Teams beim Nations Cup.

PL: Und wer wird sonst noch dabei sein?

Keiner: Ganz sicher ist das noch nicht. Wahrscheinlich Sebastian Ruthenberg, Katja Thater und Alexander Jung. Es müssen eben Spieler sein, die gute Allround-Fähigkeiten haben, denn jeder muss ja in drei verschiedenen Disziplinen antreten. Übrigens genau in den drei, die ich vorhin im Zusammenhang mit der WSOP genannt habe.

PL: Bleiben wir noch einen Moment in Europa. Einige Spieler waren mit der Organisation der EPT Dortmund in Hohensyburg nicht ganz zufrieden.

Keiner: Das ist die bei weitem höflichste Beschreibung, die ich bisher über dieses Chaos gehört habe. Das fängt schon damit an, dass man neben den ja beträchtlichen Startgebühren auch noch eine saftige Verpflegungspauschale bezahlen muss, und als wäre das nicht genug, bezahlt man tatsächlich auch noch Eintritt. Wenn es Ihnen also gelingt, einen Tag zu überstehen, werden Sie am folgenden Tag bestraft, weil Sie dann ja wieder Eintritt bezahlen müssen. Und ich weiß gar nicht, wie viel Cola ich trinken muss, um 25,- Euro Pauschale zu verbrauchen.

PL: Bei den hiesigen Casinopreisen? Wahrscheinlich zwei.

Keiner: Stimmt auch wieder. Und dann fängt das Turnier auch noch geschlagene anderthalb Stunden zu spät an. Es war von Anfang bis Ende eine Katastrophe, und ich bin froh, dass die EPT dort nie wieder stattfinden wird. Von dem Rebuy-Skandal ganz zu schweigen.

PL: Und das trotz der Moulin-Rouge-Tänzerinnen. Wo lägen denn Alternativen?

Keiner: Möglich wäre zum Beispiel Baden-Baden mit dem großen Kursaal, die Mutter der deutschen Casinos. Auch in Hamburg ließe sich etwas machen. Es ist einfach nur eine Frage der richtigen Organisation. Ich persönlich tippe aber eher auf Österreich.

PL: Und wo da?

Keiner: Das ist noch nicht spruchreif. Ich kann dazu nichts sagen.

PL: Nicht nur in Dortmund verlief die EPT-Saison mit drei Siegen für deutsche Spieler ja sehr erfolgreich.

Keiner: Und wie. Das war eine fantastische Saison.

PL: Sebastian Ruthenberg sagte auf die Frage nach den Gründen: "Variance is a bitch." War der Erfolg Zufall oder ist er das Ergebnis einer Entwicklung?

Keiner: Eindeutig letzteres! Wir haben in Deutschland inzwischen eine unglaublich breite und spielstarke Schicht von Spielern, die kaum schlechter ist als die Spitzenspieler. Spieler, die nach einem leicht erkennbaren Schema vorgehen, gibt es heute praktisch überhaupt nicht mehr. Ich bezeichne das gerne als "Vorsprung durch Technik".

PL: Was genau bedeutet?

Keiner: In der Entwicklung steckt viel typische deutsche Gründlichkeit. Während z. B. die Italiener sich einfach in die Casinos stürzen und Pokerbücher gar nicht erst in die Hand nehmen, setzen sich die Deutschen erst einmal in die Bibliothek, studieren und analysieren, nutzen die zahllosen Angebote im Internet, und dann setzen sie sich an die Tische. Deshalb kommt der Erfolg deutscher Spieler zwar etwas später, aber dafür umso nachhaltiger. Mit italienischen Verhältnissen ist das überhaupt nicht zu vergleichen. Die glauben, wer am meisten setzt, hat Recht. Es war geradezu vorhersehbar.

PL: Dann können wir von den deutschen Spielern auch ein paar gute Nachrichten von der WSOP erwarten? Vielleicht auch wieder von Ihnen? Immerhin gehören Sie dem ziemlich erlauchten Kreis deutscher Braceletgewinner an.

Keiner: Ich hatte in letzter Zeit so eine Art Bubble-Phase. Jedes Mal, wenn ich kurz vor den Geldrängen war, habe ich einen Coin Flip oder sogar mit pre-Flop deutlich dominierenden Händen verloren. So etwas ist natürlich immer bitter, aber als Pokerspieler muss man da eben durch. Vielleicht ist es ja jetzt in Las Vegas schon so weit. Auf jeden Fall wird es deutsche Erfolge geben. Auch wenn ich mich da weit aus dem Fenster lehne, behaupte ich: Fünf Bracelets gehen nach Deutschland.

PL: Vielen Dank für das Gespräch.

Quelle: PokerListings.de