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spielo
13.07.2009, 06:21
Die Spielmacher als Denkmalpfleger
Aufpoliert: Glücksspielkonzern Novomatic baute das ehemalige Verkehrsbüro zur Kulturstätte um. Jetzt tanzt dort "Impuls".

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Friedrich Dahm ist entzückt. Der Wiener Landeskonservator spricht in höchsten Tönen von der Zusammenarbeit zwischen Bundesdenkmalamt und dem Glücksspielkonzern Novomatic, seit zwei Jahren Eigentümer des denkmalgeschützten ehemaligen Verkehrsbüros zwischen Karlsplatz und Naschmarkt.

In Anlehnung an zeitgenössische Gemeindebau-Architektur errichteten die Otto-Wagner-Schüler Heinrich Schmid und Herrmann Aichinger 1922/'23 das bereits als Verkehrsbüro konzipierte Haus zwischen Bärenmühle und Secession: Die schlichte weiß-rote Naturputzfassade ist aus heutiger Sicht architektonisch schwer einordenbar. Ein bisschen Bauhaus, ein bisschen Jugendstil, ein bisschen Art déco. Sie wurde im Original samt Fenstern, für deren Gitter eigene Metallrestauratoren gewonnen wurden, erhalten und sieht jetzt "wie am Tag der Eröffnung" aus, schwärmt Landeskonservator Dahm.
Denkmalschutz

Auch um den historischen Bestand im Inneren des Hauses kümmerte sich Novomatic-Hausarchitekt Adolf Stratz vorbildlich. Vor allem das Foyer und das holzgetäfelte Stiegenhaus waren aus denkmalschützerischer Sicht wichtig. Die beispielhafte Instandsetzung des Gebäudes war sicher kostspielig. Mit 2,2 Milliarden Jahresumsatz für den Eigentümer Johann F. Graf aber leistbar.
Daran, dass Novomatic ein Glücksspielkonzern ist, erinnert einzig das Café Admiral (einem Tochterunternehmen von Novomatic) in der Bärenmühle gegenüber dem Hintereingang. Im ehemaligen Kassensaal des Verkehrsbüros werden keine Spielautomaten, sondern Kulturveranstaltungen Platz finden. "Wiens neue Mitte für Dialog, Kunst und Kultur", war schon während er Umbauphase an der Fassade angekündigt.

Das historische Baujuwel möge ein "interdisziplinärer Treffpunkt europäischen Formats inmitten multimedialer Erlebniswelten und gastronomischer Überraschungen werden und die Kulturstadt Wien um ein weiteres Highlight bereichern", ist auf der Novomatic-Homepage zu lesen. Das passt gut zur "sozialen Verantwortung", die sich der Glücksspielkonzern auf seine Fahnen schreibt: "Responsible Gaming" Spielsuchtprävention inklusive. "Als Glücksspielunternehmen tragen wir eine hohe gesellschaftspolitische und soziale Verantwortung, zu der wir uns uneingeschränkt bekennen", heißt es ebendort.

Straßenkinder

Man kümmert sich um Leprakranke, Straßenkinder und Behindertensport, sponsert Wissenschaft und Forschung, zeigt kommunales Engagement am Firmensitz Gumpoldskirchen. Kultursponsoring findet auf hohem Niveau statt: Reine Societyveranstaltungen will man nicht unterstützen. Das Tanzfestival Impuls, das ab 15. Juli im Novomatic Forum gastiert und das Schauspielhaus, beides eher Avantgarde als Mainstream, werden ebenso gesponsert wie die Staatsoper.
Bei so viel Engagement mag niemand mehr an einarmige Banditen denken.
Kleines Glücksspiel, großes Geld

Mit 23 Jahren war Johann F. Graf der jüngste Fleischhauermeister Österreichs. Mit 62 ist Graf Professor, sechstreichster Österreicher und leitet ein Unternehmen, das 2008 einen Umsatz von 2,2 Mrd. € und einen Gewinn von 400 Mio. € erzielte. Dazwischen importierte Graf Flipper-Automaten und stellte 1974 die Produktion auf Glücksspielautomaten um. 1980 gründete er die Novomatic, heute einer der weltweit erfolgreichsten Glücksspielkonzerne. Graf gilt als Selfmade-Mann. Mit guten Kontakten zur Politik. ÖVP-Wien Chef und Bundesminister Johannes Hahn war von 1997 bis 2003 Mitglied des Vorstandes, später Vorstandsvorsitzender und Gemeinderat von Gumpoldskirchen, dem Firmensitz von Novomatic. Der ehemalige SPÖ-Innenminister Karl Schlögl sitzt seit 2004 im Aufsichtsrat.


Auch über die angeblich guten Kontakte zur Stadt Wien wird viel spekuliert. Im Juni 2008 erhielt Novomatic die Konzession für weitere 600 Spielautomaten im Prater, wo das Unternehmen bereits das "Casino Admiral Prater" betreibt.
Die Wiener Grünen bringt das auf die Palme. "Das kleine Glücksspiel zerstört Existenzen", sagt Grün-Mandatar David Ellensohn. Er kritisiert auch, dass die Stadt Wien jährlich 50 Mio. € an Standgebühren verdiene, aber keinen Cent an den Verein "Anonyme Spieler" (AS) weitergebe. Die Anlaufstelle für Spielsüchtige platzt aus allen Nähten und musste im Vorjahr 270 Ratsuchende fortschicken. AS wird von Novomatic gesponsert.

Quelle: kurier.at