spielo
09.10.2009, 13:07
Glücksspiel bleibt eine Leidenschaft in der Grauzone
Dortmund. Mit dem neuen Glücksspiel-Staatsvertrag vom Januar 2008 sollten eigentlich alle Unwägbarkeiten in Hinblick auf das illegale Glücksspiel beseitigt werden. Doch der Markt der Spieler, Tipper und Wetter bleibt, was er immer war: Eine Grauzone.
Die Idee hatte etwas Bestechendes: Weil der Rentner aus Witten zum gewünschten Preis keinen Käufer für seine Villa fand, wollte er sie übers Internet verlosen. Rund 40 000 Lose zu je 29,99 Euro wollte er ausgeben. Knapp 1,2 Millionen hätte er auf diesem Wege eingenommen, der glückliche Gewinner eine Villa zum Schnäppchenpreis ergattert. Doch die Düsseldorfer Bezirksregierung stoppte die Aktion im Februar 2009. „Illegales Glücksspiel”, lautete der Vorwurf – und damit war der raffinierte Plan erst einmal gescheitert.
Glücksspieler im Internet sind nicht zu fassen
Glücksspiel, das ist ein heikles Thema. Formalrechtlich hat der Staat darauf nämlich das Monopol. Durch private Annahmestellen sowie diverse Internetangebote, von Lotterien über Sportwetten bis zum Online-Poker, sahen die Länder aber zunehmend ihre Pfründe schwinden. Spätestens mit dem neuen Glücksspiel-Staatvertrag, der am 1. Januar 2008 in Kraft trat, sollten daher alle Unwägbarkeiten beseitigt werden. Doch der Markt der Spieler, Tipper und Wetter bleibt, was er immer war: Eine einzige Grauzone, bei der die Aufsichtsbehörden oft das Nachsehen haben.
So bleibt etwa das Zocken im Internet für zehntausende Deutsche ein zwar illegaler, aber weiterhin straffreier Zeitvertreib, da die Betreiber allesamt im Ausland sitzen und freiwillig ihre Kundenkarteien nicht öffnen. Die Staatsanwaltschaften hätten „nicht einmal einen vernünftigen Ermittlungsansatz”, ließ Margret von Schmeling, bei der Düsseldorfer Bezirksregierung landesweit zuständig für die Aufsicht über das Internet-Glücksspiel, unlängst verlauten. Kein Wunder: Diese haben schon Mühe, die Betreiber von nicht genehmigten Spielclubs vor Ort ihrer Strafe zuzuführen.
Zocker-Buden tarnen sich als Begegnungsstätten
In diesem Milieu sei schwer zu recherchieren, räumt Dr. Gerhard Pauli von der Staatsanwaltschaft Hagen ein. Der letzte große Fall, als man im Märkischen Kreis ein illegales Casino hochgehen ließ, liege 15 Jahre zurück. Noch schwieriger sei es, an die kleinen Zocker-Buden an der Ecke ranzukommen. „Die tarnen sich häufig als Begegnungsstätten – und sobald ein Unbeteiligter reinkommt, ist es plötzlich kein Spielclub mehr.”
Dass seit Anfang August vor dem Landgericht Hagen nun doch gegen eine der Banden verhandelt werden kann, ist eher dem Zufall zu verdanken. Anfang 2009 wurde ein türkisches Café in Hagen von mehreren bewaffneten Männern überfallen. Erst mit Verzögerung meldeten die Opfer damals den Vorfall der Polizei.
Aus gutem Grund: „Wir haben das Gefühl, dass die Täter möglicherweise nicht allzu viel Glück beim illegalen Spiel hatten und sich ihren Einsatz zurückholen wollten”, berichtet Oberstaatsanwalt Pauli. Viel mehr kann er noch immer nicht sagen. „In dem Verfahren wird gelogen, dass sich die Balken biegen”, stöhnt er. „Da kriegen sie nix raus.”
Teilerfolge durch Groß-Razzien
Von Polizei und Steuerfahndung beschlagnahmte Glücksspielautomaten. Foto: ddp
Ein Teilerfolg gegen das illegale Glücksspiel in der Region ist es aber allemal. Ebenso wie eine Groß-Razzia in 15 Städten in NRW am 22. September: Nach Durchsuchungen in 80 Objekten stellte die Polizei über 150 verbotene Spielautomaten sicher. Mehrere tausend Euro können an diesen so genannten „Fungames” innerhalb einer Stunde gewonnen werden – aber auch verloren, erlaubt sind maximal 80 Euro. Auf die drei Hauptverdächtigen, die geschätzte 3,5 Millionen Euro Steuern am Fiskus vorbeischleusten, wartete ein Haftbefehl.
Den Betreibern der zahlreichen Wettbüros im Lande droht ähnliches dagegen kaum. Gerhard Pauli spricht in diesem Bereich von einer „völlig unklaren Rechtslage”, wodurch es nur ganz selten zu einer Verurteilung komme. „Wir lassen uns darauf gar nicht mehr ein, da kommt nix bei rum”, meint der Oberstaatsanwalt - und verweist auf die Zuständigkeit der kommunalen Ordnungsbehörden.
Ein Kampf, wie gegen Windmühlen
Diese kämpfen indes einen Kampf gegen Windmühlen. Wird gegen einen Sportwetten-Anbieter eine Schließung erwirkt, folgt die Berufung auf dem Fuß oder wird schlicht der Besitzer gewechselt. So machten in Menden, pünktlich zur Europameisterschaft 2008, trotz Verbots wieder zwei neue Wettbüros auf. Legal oder illegal? Niemand weiß diese Frage abschließend zu beantworten.
Bei der Bezirksregierung Arnsberg kann man die Diskussionen ohnehin nicht verstehen. Außer kleinen Lotterien von gemeinnützigen Ausrichtern seien allenfalls die beliebten Pokerturniere genehmigungsfähig, heißt es. „Allerdings nur, wenn die Teilnahmegebühr 15 Euro nicht überschreitet und diese nicht als Gewinne ausgespielt sondern ausschließlich für Saalmieten und ähnliches aufgewendet werden”, sagt ein Mitarbeiter. Alles andere sei schlicht illegal.
Ähnlich verhält es sich mit den Hausverlosungen. Auch wenn der Wittener ankündigte, einen erneuten Versuch zu starten, seine Luxus-Immobilie, nun durch ein Quiz, noch loszuschlagen: Erfolg dürfte er damit kaum haben. Denn Hausverlosungen im Internet, formuliert die Bezirksregierung Düsseldorf fast schon süffisant, seien, „wie immer sie auch gestaltet werden, in jedem Falle erlaubnispflichtig, aber nicht erlaubnisfähig”. Mit anderen Worten: „Vergiss es!”
derwesten.de
Dortmund. Mit dem neuen Glücksspiel-Staatsvertrag vom Januar 2008 sollten eigentlich alle Unwägbarkeiten in Hinblick auf das illegale Glücksspiel beseitigt werden. Doch der Markt der Spieler, Tipper und Wetter bleibt, was er immer war: Eine Grauzone.
Die Idee hatte etwas Bestechendes: Weil der Rentner aus Witten zum gewünschten Preis keinen Käufer für seine Villa fand, wollte er sie übers Internet verlosen. Rund 40 000 Lose zu je 29,99 Euro wollte er ausgeben. Knapp 1,2 Millionen hätte er auf diesem Wege eingenommen, der glückliche Gewinner eine Villa zum Schnäppchenpreis ergattert. Doch die Düsseldorfer Bezirksregierung stoppte die Aktion im Februar 2009. „Illegales Glücksspiel”, lautete der Vorwurf – und damit war der raffinierte Plan erst einmal gescheitert.
Glücksspieler im Internet sind nicht zu fassen
Glücksspiel, das ist ein heikles Thema. Formalrechtlich hat der Staat darauf nämlich das Monopol. Durch private Annahmestellen sowie diverse Internetangebote, von Lotterien über Sportwetten bis zum Online-Poker, sahen die Länder aber zunehmend ihre Pfründe schwinden. Spätestens mit dem neuen Glücksspiel-Staatvertrag, der am 1. Januar 2008 in Kraft trat, sollten daher alle Unwägbarkeiten beseitigt werden. Doch der Markt der Spieler, Tipper und Wetter bleibt, was er immer war: Eine einzige Grauzone, bei der die Aufsichtsbehörden oft das Nachsehen haben.
So bleibt etwa das Zocken im Internet für zehntausende Deutsche ein zwar illegaler, aber weiterhin straffreier Zeitvertreib, da die Betreiber allesamt im Ausland sitzen und freiwillig ihre Kundenkarteien nicht öffnen. Die Staatsanwaltschaften hätten „nicht einmal einen vernünftigen Ermittlungsansatz”, ließ Margret von Schmeling, bei der Düsseldorfer Bezirksregierung landesweit zuständig für die Aufsicht über das Internet-Glücksspiel, unlängst verlauten. Kein Wunder: Diese haben schon Mühe, die Betreiber von nicht genehmigten Spielclubs vor Ort ihrer Strafe zuzuführen.
Zocker-Buden tarnen sich als Begegnungsstätten
In diesem Milieu sei schwer zu recherchieren, räumt Dr. Gerhard Pauli von der Staatsanwaltschaft Hagen ein. Der letzte große Fall, als man im Märkischen Kreis ein illegales Casino hochgehen ließ, liege 15 Jahre zurück. Noch schwieriger sei es, an die kleinen Zocker-Buden an der Ecke ranzukommen. „Die tarnen sich häufig als Begegnungsstätten – und sobald ein Unbeteiligter reinkommt, ist es plötzlich kein Spielclub mehr.”
Dass seit Anfang August vor dem Landgericht Hagen nun doch gegen eine der Banden verhandelt werden kann, ist eher dem Zufall zu verdanken. Anfang 2009 wurde ein türkisches Café in Hagen von mehreren bewaffneten Männern überfallen. Erst mit Verzögerung meldeten die Opfer damals den Vorfall der Polizei.
Aus gutem Grund: „Wir haben das Gefühl, dass die Täter möglicherweise nicht allzu viel Glück beim illegalen Spiel hatten und sich ihren Einsatz zurückholen wollten”, berichtet Oberstaatsanwalt Pauli. Viel mehr kann er noch immer nicht sagen. „In dem Verfahren wird gelogen, dass sich die Balken biegen”, stöhnt er. „Da kriegen sie nix raus.”
Teilerfolge durch Groß-Razzien
Von Polizei und Steuerfahndung beschlagnahmte Glücksspielautomaten. Foto: ddp
Ein Teilerfolg gegen das illegale Glücksspiel in der Region ist es aber allemal. Ebenso wie eine Groß-Razzia in 15 Städten in NRW am 22. September: Nach Durchsuchungen in 80 Objekten stellte die Polizei über 150 verbotene Spielautomaten sicher. Mehrere tausend Euro können an diesen so genannten „Fungames” innerhalb einer Stunde gewonnen werden – aber auch verloren, erlaubt sind maximal 80 Euro. Auf die drei Hauptverdächtigen, die geschätzte 3,5 Millionen Euro Steuern am Fiskus vorbeischleusten, wartete ein Haftbefehl.
Den Betreibern der zahlreichen Wettbüros im Lande droht ähnliches dagegen kaum. Gerhard Pauli spricht in diesem Bereich von einer „völlig unklaren Rechtslage”, wodurch es nur ganz selten zu einer Verurteilung komme. „Wir lassen uns darauf gar nicht mehr ein, da kommt nix bei rum”, meint der Oberstaatsanwalt - und verweist auf die Zuständigkeit der kommunalen Ordnungsbehörden.
Ein Kampf, wie gegen Windmühlen
Diese kämpfen indes einen Kampf gegen Windmühlen. Wird gegen einen Sportwetten-Anbieter eine Schließung erwirkt, folgt die Berufung auf dem Fuß oder wird schlicht der Besitzer gewechselt. So machten in Menden, pünktlich zur Europameisterschaft 2008, trotz Verbots wieder zwei neue Wettbüros auf. Legal oder illegal? Niemand weiß diese Frage abschließend zu beantworten.
Bei der Bezirksregierung Arnsberg kann man die Diskussionen ohnehin nicht verstehen. Außer kleinen Lotterien von gemeinnützigen Ausrichtern seien allenfalls die beliebten Pokerturniere genehmigungsfähig, heißt es. „Allerdings nur, wenn die Teilnahmegebühr 15 Euro nicht überschreitet und diese nicht als Gewinne ausgespielt sondern ausschließlich für Saalmieten und ähnliches aufgewendet werden”, sagt ein Mitarbeiter. Alles andere sei schlicht illegal.
Ähnlich verhält es sich mit den Hausverlosungen. Auch wenn der Wittener ankündigte, einen erneuten Versuch zu starten, seine Luxus-Immobilie, nun durch ein Quiz, noch loszuschlagen: Erfolg dürfte er damit kaum haben. Denn Hausverlosungen im Internet, formuliert die Bezirksregierung Düsseldorf fast schon süffisant, seien, „wie immer sie auch gestaltet werden, in jedem Falle erlaubnispflichtig, aber nicht erlaubnisfähig”. Mit anderen Worten: „Vergiss es!”
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