spielo
12.10.2009, 11:17
FTD: Wie Spielbanken Schwarzgeld waschen
Seit Jahren schlampen die Bundesländer im Kampf gegen Geldwäsche. Vor allem über die von ihnen überwachten Spielbanken gelangt leicht Schwarzgeld nach Deutschland. Nun droht Ärger: Aus Brüssel - und erstmals auch aus dem Berliner Finanzministerium.
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20.000 D-Mark. Bar auf den Tisch. Als Evelyn Schmidt bei der Spielbank Baden-Baden ihr Depot unter der Nummer 3340 eröffnet, sind die Formalitäten schnell erledigt. Die Dame will spielen - da fragt man nicht, woher das Geld kommen könnte. Auch nicht, als drei Tage später weitere 35.200 D-Mark überwiesen werden. Direkt auf ihr Depotkonto bei der Spielbank. Anonym aus der Schweiz. Im Kasino nimmt man das Geld diskret entgegen, dabei hätte man bei solchen Summen bei den Behörden Alarm schlagen müssen - wegen des Verdachts auf Geldwäsche.
Unter den riesigen Kristalllüstern und der goldverzierten Stuckdecke des altehrwürdigen Kasinos aber werden nicht viele Fragen gestellt. Wer an den Roulettetischen seine Jetons verzockt, ist ebenso nebensächlich wie die Frage, woher das Geld für die Einsätze stammt. Die Spieler sollen es so angenehm wie möglich haben.
Dabei spielt Evelyn Schmidt nicht einmal: Keine drei Wochen nach ihrer Depoteröffnung erteilt sie der Spielbank den Auftrag, die insgesamt 55.000 D-Mark auf ihr Konto bei der Commerzbank in Baden-Baden zu überweisen - ohne dass sich einmal die Roulettekugel für sie gerollt ist. Blütenweiß landet das Geld auf ihrem Konto. Gewinne aus dem Glücksspiel sind steuerfrei. Dass das Geld gar nicht gewonnen wurde, ist nicht ersichtlich.
So einfach lässt sich in Deutschland Schwarzgeld waschen, ohne Spuren zu hinterlassen. Auch wenn es in diesem Fall kein echtes Schwarzgeld war: Evelyn Schmidt ist die Schwiegermutter des früheren Goldman-Sachs-Bankers Andreas Frank der seit Jahren gegen zu lasche Geldwäschekontrollen kämpft. Er hatte sie im Jahr 2000 für diesen Test in die Spielbank geschickt, um der damaligen Bankenaufsicht BAKred zu beweisen, wie die Spielbanken Geldwäsche ermöglichen. Geändert hat das nichts.
Nun könnte es Ärger geben
Zwar mahnte die Behörde damals einen Verstoß gegen das Kreditwesengesetz an: Die Annahme von Kundengeldern beinhalte das Einlagengeschäft, und das dürften Spielbanken nicht ausüben, hieß es. Doch Ermittlungen wurden nicht eingeleitet, schon gar nicht wegen des Geldwäscheverdachts. Beteiligte BAKred-Mitarbeiter sprechen davon, dass "von politischer und staatlicher Seite" massiv Druck ausgeübt worden sei, nichts zu unternehmen.
Bis heute hat sich an den Mechanismen nichts geändert. Noch immer gelten die Spielbanken als bewährte Waschmaschinen für Schwarzgeld. Noch immer funktioniert die Überwachung in Deutschland nicht so, wie sie sollte. Noch immer ist es leicht, illegales Geld aus der organisierten Kriminalität oder der Terrorszene zu waschen.
Doch nun droht Ärger. Nach FTD-Informationen hat sich vor wenigen Tagen die EU-Kommission eingeschaltet. Unter dem Aktenzeichen 2009/4572, SG/CDC/(2009) N8865 prüft sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik. Der Verdacht: Deutschland hält die dritte EU-Geldwäscherichtlinie nicht ein, womit seit 2005 Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung europaweit verhindert werden sollen. Die Brüsseler Beamten monieren dabei nicht den klassischen Finanzsektor, der ist in Deutschland gut überwacht. Sie stören sich vielmehr an der mangelnden Kontrolle von Spielkasinos, Immobilienmaklern, Versicherungsvermittlern und Finanzdienstleistern. Deren Aktivitäten sollen eigentlich von den Bundesländern überwacht werden. Doch die sind untätig.
Es ist nicht das erste Mal, dass die EU in Sachen Geldwäsche Druck macht. Schon seit Jahren wird Deutschland vorgeworfen, bei der Aufsicht zu schludern. Erst Ende November 2008 hat Brüssel ein erstes Vertragsverletzungsverfahren wegen des Verstoßes gegen die Geldwäscherichtlinie eingestellt - nachdem die Bundesrepublik das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz implementiert hatte. Neue Erkenntnisse legen jedoch nahe, dass die Umsetzung dieses Gesetzes immer noch nicht erfolgt ist. Jetzt macht Brüssel erneut Druck.
Bislang haben Bund und Länder stets alle Vorwürfe von sich gewiesen. Doch nun erhebt erstmals auch das Bundesfinanzministerium schwere Vorwürfe gegen die Länder - in bislang ungewohnter Deutlichkeit. Das Schreiben vom 23. Juli 2009, das der FTD vorliegt, hat es in sich, die Zeilen bergen Sprengstoff. "Insgesamt wird die Einhaltung der Standards gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf Landesebene seitens des Bundesministeriums der Finanzen als sehr kritisch eingeschätzt", steht dort. Und weiter: Es "wird davon ausgegangen, dass in kaum einem der 16 Bundesländer eine zuständige Aufsichtsbehörde bestimmt wurde. Daher besteht insoweit keinerlei Aufsicht über die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten". Absender des Schreibens ist das Referat VII/A 3, zuständig für den Kampf gegen die Geldwäsche.
Länder profitieren von Geldwäsche und Schwarzgeld
Offenbar kommen die Länder ihren Pflichten nicht nach. Sie sind für die Aufsicht der 50 Spielbanken zuständig, kassieren aber beim Kasinogeschäft kräftig mit -
ein offensichtlicher Interessenkonflikt. 80 Prozent der Spielbankeinnahmen fließen in die chronisch leeren Landeskassen, Jahr für Jahr rund 800 Mio. Euro. Für den Bankfachmann Frank steht daher fest: "Die Länder profitieren von Geldwäsche und Schwarzgeld und wollen deshalb nichts unternehmen." Schlimmer noch: "Missstände im Kampf gegen Geldwäsche sollen unter den Teppich gekehrt werden", moniert er.
Der 57-Jährige, den einige als "Querulanten" bezeichnen, unterhält gute Kontakte zu Bankenaufsicht, Bundeskriminalamt, Landeskriminalämtern und nach Brüssel. Dort wird sein Engagement geschätzt. Denn couragierte Beamte, die in der Vergangenheit auf die Missstände aufmerksam machten, wurden oft ausgebremst.
Erst kürzlich erstattete Frank, der seit einigen Jahren in der Schweiz lebt, Strafanzeige gegen Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Günther Oettinger wegen Beihilfe zur Geldwäsche. Er habe Oettinger in den vergangenen Jahren mehrfach auf die Praxis in den Spielbanken hingewiesen, sagt Frank. Aber nichts sei geschehen. Außerdem hat er den Petitionsausschuss des Bundestags angerufen. Das Schreiben des Finanzministeriums vom Juli ist sein schärfstes Schwert. Es belegt endlich, was er seit Jahren moniert.
Die Politik ist aufgeschreckt. Wenn die EU ein Vertragsverletzungsverfahren aufnimmt, steht Deutschland am Pranger. Ausgerechnet. Hat nicht die Bundesrepublik in harten Worten Steuerparadiese in aller Welt angegriffen? Hat sie nicht für die Aufweichung des Bankgeheimnisses im Ausland gefochten? Und nun wird ausgerechnet hier die Geldwäsche nicht bekämpft?
Zwar wiegelt das Bundesinnenministerium in einer Stellungnahme an den Bundestag ab: "Die Bewertung, dass es ungeklärte Zuständigkeiten zwischen Bundes- und Landesbehörden in der Geldwäschebekämpfung gebe, ist unzutreffend." Doch das Innenministerium Baden-Württemberg muss Versäumnisse bei der Geldwäschebekämpfung einräumen: Das Land habe noch keine Aufsicht in den Bereichen Immobilien und Finanzdienstleister installiert, man sei "bedauerlicherweise etwas spät dran", heißt es entschuldigend. Man werde sich aber jetzt "mit Verve" dem Thema widmen.
Lücken bei den Regeln zur Geldwäschebekämpfung
Die Verzögerung ist nicht zu erklären. Seit Jahren bereits macht die bei der OECD angesiedelte Financial Action Task Force on Money Laundering auf Lücken bei den Regeln zur Geldwäschebekämpfung in Deutschland aufmerksam. Schon im Jahresbericht 2004 kritisierte sie, dass es an speziellen Strafbestimmungen fehle, wenn versäumt werde, die Behörden über verdächtige Geldtransaktionen zu informieren.
Und auch die beim Bundeskriminalamt geschaffene Sonderabteilung Financial Intelligence Unit (FIU) stellte bereits 2003 unmissverständlich fest: "Trotz der weitverbreiteten Vermutung der Nutzung von Spielbanken für Geldwäscheaktivitäten wurde der FIU im Jahr 2003 von Spielbanken nur eine einzige Verdachtsmeldung gemeldet." Im Laufe der Jahre sind es kaum mehr geworden: Im Jahresbericht von 2008 sind gerade mal vier Verdachtsanzeigen aus Spielbanken registriert.
Immerhin scheint mittlerweile das Bundesfinanzministerium bereit, die Missstände zu beheben. Es sei zwar unbestritten, dass Deutschland im Finanzsektor die Geldwäscherichtlinie der EU voll und ganz einhalte, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Für die Umsetzung des Geldwäschegesetzes im Nichtfinanzsektor -
also bei Gewerbeunternehmen und Spielbanken - seien aber die Länder zuständig. Und die kämen nicht in die Gänge: "Die Länder können sich seit 1993 nicht darauf einigen, wer in den Landesregierungen zuständig sein soll - Innenministerien oder Wirtschaftsministerien", sagt die Sprecherin. "Dieser Kompetenzkonflikt könnte Deutschland auf EU-Ebene durchaus Probleme bereiten."
Autor/Autoren: Jens Brambusch (Hamburg)
nachrichten.finanztreff.de
Seit Jahren schlampen die Bundesländer im Kampf gegen Geldwäsche. Vor allem über die von ihnen überwachten Spielbanken gelangt leicht Schwarzgeld nach Deutschland. Nun droht Ärger: Aus Brüssel - und erstmals auch aus dem Berliner Finanzministerium.
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Unter den riesigen Kristalllüstern und der goldverzierten Stuckdecke des altehrwürdigen Kasinos aber werden nicht viele Fragen gestellt. Wer an den Roulettetischen seine Jetons verzockt, ist ebenso nebensächlich wie die Frage, woher das Geld für die Einsätze stammt. Die Spieler sollen es so angenehm wie möglich haben.
Dabei spielt Evelyn Schmidt nicht einmal: Keine drei Wochen nach ihrer Depoteröffnung erteilt sie der Spielbank den Auftrag, die insgesamt 55.000 D-Mark auf ihr Konto bei der Commerzbank in Baden-Baden zu überweisen - ohne dass sich einmal die Roulettekugel für sie gerollt ist. Blütenweiß landet das Geld auf ihrem Konto. Gewinne aus dem Glücksspiel sind steuerfrei. Dass das Geld gar nicht gewonnen wurde, ist nicht ersichtlich.
So einfach lässt sich in Deutschland Schwarzgeld waschen, ohne Spuren zu hinterlassen. Auch wenn es in diesem Fall kein echtes Schwarzgeld war: Evelyn Schmidt ist die Schwiegermutter des früheren Goldman-Sachs-Bankers Andreas Frank der seit Jahren gegen zu lasche Geldwäschekontrollen kämpft. Er hatte sie im Jahr 2000 für diesen Test in die Spielbank geschickt, um der damaligen Bankenaufsicht BAKred zu beweisen, wie die Spielbanken Geldwäsche ermöglichen. Geändert hat das nichts.
Nun könnte es Ärger geben
Zwar mahnte die Behörde damals einen Verstoß gegen das Kreditwesengesetz an: Die Annahme von Kundengeldern beinhalte das Einlagengeschäft, und das dürften Spielbanken nicht ausüben, hieß es. Doch Ermittlungen wurden nicht eingeleitet, schon gar nicht wegen des Geldwäscheverdachts. Beteiligte BAKred-Mitarbeiter sprechen davon, dass "von politischer und staatlicher Seite" massiv Druck ausgeübt worden sei, nichts zu unternehmen.
Bis heute hat sich an den Mechanismen nichts geändert. Noch immer gelten die Spielbanken als bewährte Waschmaschinen für Schwarzgeld. Noch immer funktioniert die Überwachung in Deutschland nicht so, wie sie sollte. Noch immer ist es leicht, illegales Geld aus der organisierten Kriminalität oder der Terrorszene zu waschen.
Doch nun droht Ärger. Nach FTD-Informationen hat sich vor wenigen Tagen die EU-Kommission eingeschaltet. Unter dem Aktenzeichen 2009/4572, SG/CDC/(2009) N8865 prüft sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik. Der Verdacht: Deutschland hält die dritte EU-Geldwäscherichtlinie nicht ein, womit seit 2005 Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung europaweit verhindert werden sollen. Die Brüsseler Beamten monieren dabei nicht den klassischen Finanzsektor, der ist in Deutschland gut überwacht. Sie stören sich vielmehr an der mangelnden Kontrolle von Spielkasinos, Immobilienmaklern, Versicherungsvermittlern und Finanzdienstleistern. Deren Aktivitäten sollen eigentlich von den Bundesländern überwacht werden. Doch die sind untätig.
Es ist nicht das erste Mal, dass die EU in Sachen Geldwäsche Druck macht. Schon seit Jahren wird Deutschland vorgeworfen, bei der Aufsicht zu schludern. Erst Ende November 2008 hat Brüssel ein erstes Vertragsverletzungsverfahren wegen des Verstoßes gegen die Geldwäscherichtlinie eingestellt - nachdem die Bundesrepublik das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz implementiert hatte. Neue Erkenntnisse legen jedoch nahe, dass die Umsetzung dieses Gesetzes immer noch nicht erfolgt ist. Jetzt macht Brüssel erneut Druck.
Bislang haben Bund und Länder stets alle Vorwürfe von sich gewiesen. Doch nun erhebt erstmals auch das Bundesfinanzministerium schwere Vorwürfe gegen die Länder - in bislang ungewohnter Deutlichkeit. Das Schreiben vom 23. Juli 2009, das der FTD vorliegt, hat es in sich, die Zeilen bergen Sprengstoff. "Insgesamt wird die Einhaltung der Standards gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf Landesebene seitens des Bundesministeriums der Finanzen als sehr kritisch eingeschätzt", steht dort. Und weiter: Es "wird davon ausgegangen, dass in kaum einem der 16 Bundesländer eine zuständige Aufsichtsbehörde bestimmt wurde. Daher besteht insoweit keinerlei Aufsicht über die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten". Absender des Schreibens ist das Referat VII/A 3, zuständig für den Kampf gegen die Geldwäsche.
Länder profitieren von Geldwäsche und Schwarzgeld
Offenbar kommen die Länder ihren Pflichten nicht nach. Sie sind für die Aufsicht der 50 Spielbanken zuständig, kassieren aber beim Kasinogeschäft kräftig mit -
ein offensichtlicher Interessenkonflikt. 80 Prozent der Spielbankeinnahmen fließen in die chronisch leeren Landeskassen, Jahr für Jahr rund 800 Mio. Euro. Für den Bankfachmann Frank steht daher fest: "Die Länder profitieren von Geldwäsche und Schwarzgeld und wollen deshalb nichts unternehmen." Schlimmer noch: "Missstände im Kampf gegen Geldwäsche sollen unter den Teppich gekehrt werden", moniert er.
Der 57-Jährige, den einige als "Querulanten" bezeichnen, unterhält gute Kontakte zu Bankenaufsicht, Bundeskriminalamt, Landeskriminalämtern und nach Brüssel. Dort wird sein Engagement geschätzt. Denn couragierte Beamte, die in der Vergangenheit auf die Missstände aufmerksam machten, wurden oft ausgebremst.
Erst kürzlich erstattete Frank, der seit einigen Jahren in der Schweiz lebt, Strafanzeige gegen Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Günther Oettinger wegen Beihilfe zur Geldwäsche. Er habe Oettinger in den vergangenen Jahren mehrfach auf die Praxis in den Spielbanken hingewiesen, sagt Frank. Aber nichts sei geschehen. Außerdem hat er den Petitionsausschuss des Bundestags angerufen. Das Schreiben des Finanzministeriums vom Juli ist sein schärfstes Schwert. Es belegt endlich, was er seit Jahren moniert.
Die Politik ist aufgeschreckt. Wenn die EU ein Vertragsverletzungsverfahren aufnimmt, steht Deutschland am Pranger. Ausgerechnet. Hat nicht die Bundesrepublik in harten Worten Steuerparadiese in aller Welt angegriffen? Hat sie nicht für die Aufweichung des Bankgeheimnisses im Ausland gefochten? Und nun wird ausgerechnet hier die Geldwäsche nicht bekämpft?
Zwar wiegelt das Bundesinnenministerium in einer Stellungnahme an den Bundestag ab: "Die Bewertung, dass es ungeklärte Zuständigkeiten zwischen Bundes- und Landesbehörden in der Geldwäschebekämpfung gebe, ist unzutreffend." Doch das Innenministerium Baden-Württemberg muss Versäumnisse bei der Geldwäschebekämpfung einräumen: Das Land habe noch keine Aufsicht in den Bereichen Immobilien und Finanzdienstleister installiert, man sei "bedauerlicherweise etwas spät dran", heißt es entschuldigend. Man werde sich aber jetzt "mit Verve" dem Thema widmen.
Lücken bei den Regeln zur Geldwäschebekämpfung
Die Verzögerung ist nicht zu erklären. Seit Jahren bereits macht die bei der OECD angesiedelte Financial Action Task Force on Money Laundering auf Lücken bei den Regeln zur Geldwäschebekämpfung in Deutschland aufmerksam. Schon im Jahresbericht 2004 kritisierte sie, dass es an speziellen Strafbestimmungen fehle, wenn versäumt werde, die Behörden über verdächtige Geldtransaktionen zu informieren.
Und auch die beim Bundeskriminalamt geschaffene Sonderabteilung Financial Intelligence Unit (FIU) stellte bereits 2003 unmissverständlich fest: "Trotz der weitverbreiteten Vermutung der Nutzung von Spielbanken für Geldwäscheaktivitäten wurde der FIU im Jahr 2003 von Spielbanken nur eine einzige Verdachtsmeldung gemeldet." Im Laufe der Jahre sind es kaum mehr geworden: Im Jahresbericht von 2008 sind gerade mal vier Verdachtsanzeigen aus Spielbanken registriert.
Immerhin scheint mittlerweile das Bundesfinanzministerium bereit, die Missstände zu beheben. Es sei zwar unbestritten, dass Deutschland im Finanzsektor die Geldwäscherichtlinie der EU voll und ganz einhalte, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Für die Umsetzung des Geldwäschegesetzes im Nichtfinanzsektor -
also bei Gewerbeunternehmen und Spielbanken - seien aber die Länder zuständig. Und die kämen nicht in die Gänge: "Die Länder können sich seit 1993 nicht darauf einigen, wer in den Landesregierungen zuständig sein soll - Innenministerien oder Wirtschaftsministerien", sagt die Sprecherin. "Dieser Kompetenzkonflikt könnte Deutschland auf EU-Ebene durchaus Probleme bereiten."
Autor/Autoren: Jens Brambusch (Hamburg)
nachrichten.finanztreff.de