Ein Deutscher soll in Österreich und anderen Ländern zahlreiche Profis um sehr hohe Summen erleichtert haben.
Die Pokerwelt ist erschüttert. Eine mutmaßliche Bande von Falschspielern schaffte es offenbar innerhalb weniger Monate, in halb Europa groß abzukassieren. Der genaue Schaden ist derzeit noch gar nicht abzuschätzen.
Schlüsselfigur ist dabei der Deutsch-Türke Ali T., der im Frühjahr als Shootingstar in der Profiszene auftauchte und heuer allein bei Turnieren hunderttausende Euro gewonnen hat. Dass er beim EPT-Turnier in Wien Ende Oktober nicht am Start war, dürfte nur einen Grund gehabt haben: Der Wiener Turnierdirektor Thomas Kremser hatte bereits einen Verdacht gegen die (mehrköpfige) Bande. Auch zahlreiche heimische Pokerprofis saßen mit Ali T. an einem Tisch, war er doch zuletzt bei einer Runde mit hohen Einsätzen in Saalfelden sowie in den Casinos in Bregenz und Salzburg zu Gast. In Bregenz soll er mit Hausverbot belegt worden sein.
Enttarnt
In der Nacht auf Freitag wurden T. und ein Komplize allerdings in Cannes (Frankreich) enttarnt. Sie hatten den vermutlichen Betrug vor laufenden Kameras am Finaltisch weiter durchgezogen - als Sieger hätte T. an diesem Abend stolze 1,3 Millionen Euro kassiert. Die französische Staatsanwaltschaft hat bereits ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs eingeleitet, berichtet die Internetseite <a href="http://www.hochgepokert.de">http://www.hochgepokert.de</a>.
Und so funktionierte der mutmaßliche Trick: Bei der Variante "Texas hold'em" haben die Spieler zwei verdeckte Karten, die der Gegner nicht sehen kann. Diese sind enorm wichtig und beeinflussen jede der vier Setzrunden. Im aktuellen Fall hatte sich ein Mitglied der Gruppe als Presse-Fotograf akkreditieren lassen. Damit gelang es ihm, ganz nahe an alle Spieler heranzukommen. Ziel war es dabei aber ganz offensichtlich nicht, diese zu fotografieren, sondern den anderen in die Karten zu schauen. Anschließend gab der Fotograf dem Spieler Ali T. Handzeichen, um das Blatt des Gegners zu verraten. Auf einem Video von einem Millionen-Turnier in Barcelona - das der Deutsche mit einem damals als überraschend eingestuften Spielzug gewann - ist die Methode zu erkennen.
Die französischen Behörden sollen allerdings noch zahlreiches - weitaus mehr belastendes - Material in Händen halten. Laut einem Insider dürfte es sich bei dem im Visier stehenden "Fotografen" um einen bekannten deutschen Trickspieler handeln.
"Ali traf ich manchmal im Casino Bregenz. Er hatte nie große Erfolge in den vergangenen Jahren", sagt Österreichs einziger Pokerweltmeister Ivo Donev. Erst im Mai wurde T. plötzlich zum Star, gleichzeitig tauchte der "Fotograf" erstmals auf. Bei dem mit 1,6 Millionen Euro dotierten EPT-Turnier im August in Tallinn (Estland) hatte Ali T. zu Beginn ebenfalls eine enorme Glückssträhne. Als der Wiener Thomas Kremser den "Fotografen" vom Turnier verbannte, hatte die Glückssträhne aber ein jähes Ende - T. belegte deshalb am Ende "nur" den 36. Platz.
Betrug fällt meist schnell auf
Einen derartigen Betrugsfall wie den aktuellen hat es im modernen Poker noch nie gegeben. Solche Versuche hatte man bisher nur dem Wilden Westen zugerechnet. Beim modernen Poker ist Betrug relativ rasch erkennbar und wird meistens nach wenigen Wochen aufgedeckt. Zuletzt war im Vorjahr in Deutschland ein Spieler kurze Zeit aktiv, der im wahrsten Sinne mit Assen im Ärmel gespielt hat.
Anders ist die Lage bei Onlinepoker. 2008 sorgte ein Anbieter für Aufregung, weil es ehemaligen Mitarbeitern gelang, alle Karten der anderen Spieler von daheim aus zu sehen. Der Schaden ging in die Millionen, aber betraf vor allem die USA. Zuletzt waren vor wenigen Tagen bei einer Seite Programme (so genannte "Bots") gefunden worden, die selbstständig - ohne menschliches Zutun - profitabel spielen konnten.
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