Prozess: Schichtleiter und Techniker angeklagt

Hamburg. Für vier Angestellte der Spielbank am Steindamm hieß es "Rien ne va plus", als am 9. Mai 2007 die Handschellen klickten. Wenn zutrifft, was die Staatsanwaltschaft ihnen vor dem Amtsgericht St. Georg vorwirft, dann haben sich zwei Schichtleiter, ein Techniker und ein Kassierer buchstäblich verzockt: Spielmünzen, sogenannte "Token", im Wert von mehreren Tausend Euro soll das Quartett abgezweigt und sich in die eigene Tasche gesteckt haben.

Der Prozess wegen Bandendiebstahls beginnt am Montag mit einer Überraschung: Einer der Angeklagten, Oliver-Horst W., räumt die Tat ein - von den Prozessbeteiligten hatte das offenbar niemand geahnt. Die Stimme dünn, das Geständnis dürftig, belastet der einstige Kassierer auch seine mutmaßlichen Komplizen. "Alle waren eingeweiht", sagt er. Ob noch weitere Angestellte beteiligt waren, lässt der 42-Jährige jedoch offen. Ein Zufall habe sie auf die Idee gebracht, sagt Oliver-Horst M. "Ein Sack mit Token war vom Vorabend übrig, das schien niemandem aufgefallen zu sein. Beim Frühstück haben wir beschlossen: Wenn das so einfach ist, probieren wir das auch mal."

Mit den Token werden die Spielautomaten bestückt. Ist der Automat leer, besorgt ein Techniker Nachschub von der Kasse - immer unter der Aufsicht eines Finanzbeamten, der den Empfang der Spielmünzen im Gegenwert von bis zu tausend Euro quittiert.

Wie penibel der war, spielte offenbar eine wichtige Rolle. "Am besten war ein Beamter, der nicht so streng war", sagt Oliver-Horst M. Unbemerkt von ihm habe er die Beutel statt mit Token für 1000 Euro, lediglich mit Münzgeld im Wert von 500 Euro befüllt. Dadurch waren die frisierten Beutel leichter, als zu vermuten war. Damit der Beamte keinen Verdacht schöpfen konnte, soll Techniker Christoph Z. (54) die Beutel angenommen haben. Die Differenzbeträge zwischen 500 und 6800 Euro sollen die vier laut Anklage aus der Barkasse entnommen und untereinander aufgeteilt haben. Allerdings hätten sie ihre Firma nicht im großen Stil bestohlen, sondern nur "sporadisch" in die Kasse gegriffen, sagt Oliver-Horst M.

Mit ihrer Masche hatten die mutmaßlichen Täter offenbar leichtes Spiel. "Die Token wurden häufig gar nicht mit der Geldzählmaschine erfasst, Finanzbeamte durch Gespräche abgelenkt", sagt ein als Zeuge geladener Ermittler aus. Trotzdem flog der Schwindel auf, nachdem das Finanzamt Unregelmäßigkeiten registriert hatte: Immer dann, wenn die vier Angeklagten zusammenarbeiteten, mussten die Spielautomaten verdächtig oft mit Token bestückt werden. Im März 2007 installierte die Kripo heimlich eine Kamera im Kassenbereich - zwei Monate darauf schlug die Polizei zu. In den Spints der Täter im Umkleideraum der Spielbank entdeckten die Fahnder Bargeld, teilweise noch in Banderolen verpackt. Gegenüber der Polizei hatte der zweite Schichtleiter Wolfgang Sch. (60) die Tat eingeräumt. Zudem sei er "froh", erwischt worden zu sein, denn der Diebstahl habe ihn "psychisch stark belastet".

Die Verteidiger der drei nicht geständigen Angeklagten äußern gleich Vorbehalte gegen die gerichtliche Verwertung des Vernehmungsprotokolls: Wolfgang S. sei bei der Polizei unter Druck gesetzt und nicht ausreichend über seine Rechte aufgeklärt worden. Dem widerspricht indes gestern der Vernehmungsbeamte. Zudem sei unklar, warum die Ermittlungen ausschließlich gegen die Angeklagten und nicht gegen weitere Angestellte geführt worden seien. Der Prozess wird am 21. Dezember fortgesetzt.

Quelle: abendblatt.de