Beim Poker sind die Gewinner häufig auch Verlierer


Mit der Zahl der Siege steigt auch das Risiko großer Verluste


Pokerspieler verlieren umso mehr Geld, je mehr Spiele sie gewinnen. Das hat Kyle Siler von der Cornell University in New York herausgefunden, indem er mit Hilfe einer Software 27 Millionen Pokerblätter analysierte. Was zunächst paradox klingt, lässt sich nach Ansicht von Siler leicht erklären: Anfangs machen die Spieler nur kleine Einsätze. Nach einer Gewinnserie steigen jedoch das Selbstbewusstsein und der Mut der Teilnehmer und sie setzen mehr. Ein einziges verlorenes Spiel zehrt dann meist sämtliche Gewinne auf einen Schlag auf. Anfänger sind von diesem Phänomen besonders betroffen, während Profispieler nicht nur die Zahlen-Wahrscheinlichkeiten im Kopf, sondern auch ihre Emotionen besser im Griff haben.

Die von Siler analysierten sogenannten Hände wurden beim Online-Poker in der Spielvariante No-Limit Texas-Hold'em an Tischen mit je sechs Teilnehmern gespielt. Neben der Erkenntnis, dass die Spieler nach Siegesserien besonders hohe Verluste hinnehmen mussten, machte Siler, der selbst langjähriger Pokerspieler ist, noch eine zweite Entdeckung: Wer mit niedrigem Einsatz spielt, gewinnt häufiger mit niedrigen Kartenpaaren als mit höheren. "Das liegt daran, dass niedrige Paare sozusagen einen eindeutigen Wert besitzen, während höhere Paare in unterschiedliche Strategien eingebunden werden können, wodurch der Umgang mit ihnen komplizierter ist."

Siler interessierte sich vor allem deshalb für Pokerspieler, weil sich ihr Verhalten seiner Ansicht nach auf viele Bereiche des alltäglichen Lebens übertragen lässt: Risikoabwägungen spielen überall eine Rolle, ob beim Überqueren einer Straße, der Entscheidung für oder gegen das Fremdgehen oder bei Spekulationen an der Börse. "Wenn Menschen wenig riskieren und dabei regelmäßig Glück haben, riskieren sie irgendwann viel – entsprechend groß sind dann die Verluste."