Die angeordneten Methoden der Geolokalisation und der optionalen Handyortung oder Festnetz-Lokalisierung zur Standortbestimmung der Spielinteressenten überschreiten nicht die Grenzen der Verhältnismäßigkeit (S. 12 ff.). Es sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass einem Spielinteressenten eine Einwilligung in die Geolokalisation seines Standortes abverlangt werde. Immerhin bestünde für den Spielinteressenten auch die Möglichkeit, die Einwilligung zu verweigern, wenn auch mit der Konsequenz, dass er zur Teilnahme am Glücksspiel nicht zugelassen werden dürfe. Ein Zwang zur Einwilligung und damit ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) oder in das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) bestünden jedenfalls nicht (S. 14, 15 ff.).

Auch widerspricht das VG Düsseldorf der Argumentation, die angeordneten Auflagen zur Sicherstellung des Ausschlusses bestimmter Spielergruppen seien in tatsächlicher Hinsicht unmöglich, weil hierdurch eine absolute Einhaltung des Unterlassungsgebotes nicht sichergestellt werden könne. Eine Unmöglichkeit in diesem Sinne könne erst dann angenommen werden, "wenn die vorgegebene Verfahrensweise zu einer Fehlertquote bei dem Ausschluss der Spielinteressenten mit Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen führt, die dieses Mittel zur Zweckerreichung als nicht mehr hinreichend wirksam erscheinen lässt". Für diese Prüfung bedürfe es einer "wertenden Betrachtung, die eine gewisse Fehlerquote noch zulässt". (S. 16). Die hier von der Behörde vorgegebene Verfahrensweise der Einführung eines Disclaimers in Kombination mit der Methode der Geolokalisation sowie in bestimmten Fällen der optionalen Nachschaltung einer Handyortung bzw. Festnetzlokalisation seien hinreichend wirksame Mittel zur Erreichung des ausgesprochenen Gebots. Es erscheine derzeit "überwiegend wahrscheinlich, dass die danach noch verbleibende Fehlerquote geringfügig und damit zu vernachlässigen sein dürfte". (S. 17). Sollten die Ergebnisse der unterschiedlichen Überprüfungsmaßnahmen auseinanderfallen, "ist der Spieler vom Spiel auszuschließen oder nach dem Ergebnis einer Handyortung bzw. Festnetzlokalisierung über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden." (S.18).

Unter Bezug auf die vorliegenden Gutachten führt das Gericht im Weiteren aus, dass die Zuordnung zu einem europäischen Land mit einer Treffsicherheit von 99 % möglich sei (S. 18). Auch hält es die Feststellung eines Standortes, bezogen auf ein bestimmtes deutsches Bundesland, derzeit für möglich. Solche Nutzer, die sich beispielsweise mittels eines Proxy-Servers, Umgehungsmethoden bedienen würden, seien dadurch erkennbar, dass ihr Ergebnis der Geolokalisation in solchen Fällen lautet, dass "leider kein passender Ort gefunden" wurde. In diesen Zweifelsfällen sei eine Handyortung oder eine Festnetzlokalisierung durchzuführen (S. 19).

Schließlich kommt das VG Düsseldorf zu dem Ergebnis, dass die in der Verfügung aufgegebenen Gebote auch ein taugliches Mittel zu dem mit der Verfügung verfolgten Zweck sind, die Veranstaltung unerlaubten öffentlichen Glücksspiels in Nordrhein-Westfalen zu unterbinden. In diesem Zusammenhang verwenden die Düsseldorfer Richter ein schon im Rahmen der Verfahren um die Rechtmäßigkeit der sog. "Düsseldorfer Sperrungsverfügungen" des Jahres 2002 bekannt gewordenes Zitat, nämlich "dass das angeordnete Mittel ein "Schritt in die richtige Richtung" ist, die Maßnahme also zur Erreichung des Zwecks objektiv beiträgt" (S. 20).

dd) Erforderlichkeit und Angemessenheit der Anordnung


Die Anordnung der Untersagung ist "auch erforderlich, um das gesetzliche Verbot der Veranstaltung von unerlaubtem öffentlichem Glücksspiel in Nordrhein-Westfalen durchzusetzen. Ein milderes, ebenso geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks ist [...] nicht ersichtlich", so die Richter des VG Düsseldorf (S. 21).

Die Kammer sieht die Maßgaben der Ordnungsverfügung auch als angemessen an und gibt klare Vorgaben, wie diese befolgt werden können:

* die Zuordnung eines Spielinteressenten zum Ausland ist mit einer Sicherheit von 99 % möglich. Eine mit besonderen Aufwendungen oder rechtlichen Schwierigkeiten verbundene Handyortung oder Festnetzlokalisation ist daher in der Regel nicht erforderlich. (S.21)

* Kann der Aufenthaltsort eines Spielteilnehmers außerhalb des Gebietes von Nordrhein-Westfalen nicht eindeutig verifiziert werden, ist es dem Veranstalter zumutbar, diesen Spielteilnehmer von der Teilnahme auszuschließen. (S. 21)

* Letztlich "kommt zur Erreichung dieses Ziels auch der Ausschluss von Spielinteressenten im ganzen Bundesgebiet unter Einsatz der Geolokalisationstechnik in Betracht." (S.22)

e) Zur Verfassungskonformität des GlüStV


Außerdem stellt das Gericht unter Inbezugnahme der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Beschluss vom 20.03.2009, 1 BVR 2410/08

fest, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Sportwettenurteils des Bundesverfassungsgerichts erfüllt sind und insbesondere von einer "vollständige Konsistenz" der rechtlichen und tatsächlichen Monopolausgestaltung in Nordrhein-Westfalen auszugehen ist (S. 24 ff.).

Ferner betont das Gericht es verstoße insbesondere "nicht gegen das Willkürverbot nach Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV generell verboten ist." Im Internet bestehe ein wesentlich höherer Gefährdungsgrad als bei terrestrischem Glücksspiel. "Im Internet ist das Glücksspiel rund um die Uhr verfügbar. Zudem weist der Vertragsabschluss im Internet – im Vergleich zur Abgabe eines Lottoscheins in der Annahmestelle bei gleichzeitiger Bezahlung – einen deutlich höheren Abstraktionsgrad auf, der (ganz besonders bei einer Verknüpfung mit einem über das Internet abgewickelten Zahlungsverkehr) geeignet ist, die Tatsache eines möglichen Verlustes von Geld in den Hintergrund treten zu lassen." (S. 25)

f) Zur Europarechtskonformität des GlüStV


Auch hat das Gericht keine Bedenken gegen die hier angewandten Normen in europarechtlicher Hinsicht.

Der GlüStV sei ordnungsgemäß notifiziert worden. Die ungeachtet dessen erhobenen Beanstandungen der Kommission seien unbeachtlich. (S. 26)

Einer Notifizierung Zustimmungsgesetzes NRW habe es nicht bedurft, weil es keine über die Vorschriften des GlüStV hinausgehenden Beschränkungen enthalte. (S. 26)

Unter Bezug auf die einschlägigen Entscheidungen des EuGH weist das VG Düsseldorf darauf hin, dieser habe wiederholt entschieden, dass Beschränkungen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit zum Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung unter den dort näher beschriebenen Voraussetzungen zulässig sein können. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Insbesondere begründe die Tatsache, dass die Konzeption des GlüStV nicht den gesamten Glücksspielmarkt erfasse keinen Verstoß gegen das Erfordernis der Kohärenz. Der Gesetzgeber sei nämlich "nicht verpflichtet sämtliche Glücksspielsektoren einem einheitlichen Regelungswerk zu unterwerfen". (S. 28) (Gesamt-Kohärenz). Der Gesetzgeber sei vielmehr zu einer unterschiedlichen sektoralen Regelung berechtigt, "vorausgesetzt, die einzelnen sektorspezifischen Regelungen entsprechen sich in der Zielsetzung, jede Regelung ist für sich betrachtet, erforderlich und geeignet, und die sektorspezifischen Regelungen stehen zueinander nicht in einem krassen Missverhältnis". (S: 29) (unter Bezug auf OVG NW Beschluss v. 18.02.2009, ZfWG 2009, 111 ff)

Auch die nach dem Gewerbegesetz der Deutschen Demokratischen Republik erteilten Erlaubnisse zur Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen stehen einer Kohärenz nicht entgegen. Diese Erlaubnisse berechtigten nach Auffassung der Kammer nämlich nicht (mehr) zur Vermittlung oder Veranstaltung von Glücksspielen im Internet (S. 31).

Fazit


Mit dieser umfangreich begründeten Entscheidung zur Illegalität des Internetglücksspiels, folgt das VG Düsseldorf der überwiegenden Rechtsprechung, welche die in § 4 Abs. 4 GlüStV sowie § 5 Abs. 3 GlüStV normierten Verbote nicht nur für verfassungs- sowie europarechtskonform erachtet, sondern auch keine Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer Vollstreckbarkeit sieht (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.02.2008, Az. 13 B 1215/07, ZfWG 2008, 122 ff.; VGH Bayern, Beschluss vom 20.11.2008, Az. 10 CS 08.2399, ZfWG 2008, 455 ff.).