Sportwetten: Interesse gering
Traunstein / Bad Reichenhall / Hamburg. Der neue Wettskandal im Profifußball hat seit Ende November die Schagzeilen bestimmt. Laut den Ermittlern sind europaweit rund 200 Spiele unter Manipulationsverdacht, darunter mehr als 30 Partien in Deutschland, unter anderem in der 2. Bundesliga. Betroffen sind auch Champions League und Europa League. In der Region spielen Sportwetten allerdings nur eine ganz bescheidene Rolle. Die Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land gehören in den alten Bundesländern zu jenen fünf Landkreisen, wo am wenigsten gezockt wird. Das geht aus Daten einer Haushaltsbefragung des Informationsdienstleisters Acxiom aus den Jahren 2008 und 2009 hervor, die dpa-RegioData ausgewertet hat.
Demnach nehmen in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land von 1000 Haushalten nur 21 an Sportwetten teil – in Traunstein sind es 1628 unter den rund 76 000 Haushalten, im Berchtesgadener Land 976 unter rund 47 000. In den Nachbar-Landkreisen liegen die Quoten etwas höher, 27 Haushalte sind es in Altötting, 30 in Rosenheim und 32 in Mühldorf. Allein die kreisfreie Stadt Rosenheim liegt mit 41 Haushalten über dem Bundesschnitt von 36.
Die großen deutschen Wetthochburgen liegen allesamt in Nordrhein-Westfalen. In Herne nehmen von 1000 Haushalten 94 an Sportwetten teil, in Gelsenkirchen 91. Das heißt, hier tippt sogar fast jeder zehnte Haushalt auf den Ausgang von sportlichen Wettkämpfen. Im bundesweiten Kreisvergleich liegen allein acht Städte aus NordrheinWestfalen unter den ersten zehn.
Auf Gelsenkirchen folgt Landau in der Pfalz, wo in 77 von 1000 Haushalten auf Sportereignisse wie Fußball, Boxen oder Pferderennen gewettet wird. Danach reihen sich Regionen aus NRW aneinander: Bochum (76), Bottrop (71), der Kreis Recklinghausen (66), Dortmund (65) und Oberhausen (63). „Vermutlich hat die Popularität der Sportwetten viel mit der Fußballbegeisterung in der Region zu tun“, sagt Tilman Becker, Leiter der Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim.
Tatsächlich finden sich im oberen Viertel des Vergleichs viele Städte, die ein Bundesliga- oder Zweitligateam beheimaten. Dazu zählen neben Leverkusen, wo von 1000 Haushalten 61 wetten, auch Wolfsburg (60), Köln (59), Kaiserslautern (56), Bremen (51), Frankfurt am Main (48) und Hamburg (48). Bundesweit wurden mehr als 900 000 Haushalte befragt.
„Auch andere Faktoren wie die Einkommensverteilung beeinflussen das Wettverhalten“, sagt Tilman Becker von der Forschungsstelle Glückspiel. So überrasche es ihn wenig, dass sich in den ostdeutschen Kreisen und Städten deutlich weniger Glücksritter dem Sport zuwenden. „Wir kennen das auch aus Statistiken zum Lotto-Spiel, da verhält es sich genauso.“
Die 20 Kreise, in denen Sportwetten am unbeliebtesten sind, liegen ausnahmslos im Osten. Dazu zählen die Kreise Demmin in Mecklenburg-Vorpommern und Mittelsachsen in Sachsen mit jeweils 15 ebenso wie die thüringischen Kreise Nordhausen mit 14 und Unstrut-Hainich mit 13. Sie markieren das untere Ende des Vergleichs.
Wie aus der Umfrage hervorgeht, wird bundesweit in rund 36 von 1000 Haushalten getippt. „Der Großteil der Sportwetten in Deutschland wird über das Internet abgeschlossen und ist illegal“, sagt Tilman Becker. Den meisten Menschen sei das wahrscheinlich nicht bewusst. Auch in der Umfrage wurde nicht unterschieden, ob es sich jeweils um illegale oder legal staatlich lizenzierte Wetten handelt.
Suchtgefahr gehe vor allem von Live-Wetten aus, die in Deutschland aber nicht legal abgeschlossen werden können, sagt Tilmann Becker. „Dabei kann der Spieler dann auch auf so absurde Dinge wetten, wie dass der Schiedsrichter in den ersten zehn Minuten einen Elfmeter pfeift, wer den ersten Eckball bekommt und welche Mannschaft mehr Fouls macht.“
Grundsätzlich darf in Deutschland nur der Staat Glücksspiel anbieten. Aber über das Internet erreichen auch private Anbieter aus dem Ausland die Glücksspieler hierzulande. Den deutschen Markt schätzen Experten auf 1,5 bis 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Daran habe der staatliche Sportwettenanbieter Oddset aber lediglich einen Anteil von 10 Prozent, sagt Tilman Becker.
Quelle: isa-casino
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