Kasino-Krise von Moskau bis Macau
In Moskau gingen zum Monatsbeginn die Lichter in den Kasinos aus, Las Vegas kämpft um jeden Gast und die Chinesen dürfen nicht mehr so oft nach Macau reisen. Die internationale Kasino-Krise weitet sich aus.
In Moskau stehen die Roulettetische still. Wo gerade noch gezockt wurde, schleppen nun Arbeiter Blackjack-Tische, Einarmige Banditen und überdimensionale Plastikpalmen aus dem Golden Palace, dem Korona und den anderen knapp dreißig Spieltempeln der Stadt. Auf der Nowy-Arbat-Straße, wo sich bisher Kasino an Kasino reihte, bleiben die glitzernden und blinkenden Fassaden ab sofort dunkel. Das Glücksspiel ist in Russland seit Anfang Juli verboten – wenn auch mit Einschränkungen.
Wladimir Putin hatte sich während seiner Präsidentschaft für das Glücksspielverbot stark gemacht und 2006 ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht. Dieses ist nun in Kraft getreten und verbannt die Zocker in vier Sonderwirtschaftszonen an den äußersten Rand des riesigen Staates: in die Exklave Kaliningrad, ins südrussische Asow, in die Region Altai im kasachischen Grenzland, und nach Wladiwostok am japanischen Meer.
Glücksspiel auch in Russland ein Milliardengeschäft
Fernab von Moskau ist die Infrastruktur teilweise wenig ausgebaut und noch weist nichts darauf hin, dass hier gleich mehrere russische Versionen von Las Vegas entstehen könnten. Vorbereitet ist man jedenfalls nicht, wohl auch, weil viele bis zum Schluss nicht so recht glauben wollten, dass der Kreml Ernst macht.
Mit dem Verbot hat die russische Regierung einer Branche zumindest vorläufig das Licht ausgeknipst, die zuletzt nach Expertenschätzungen über vier Milliarden Euro pro Jahr umgesetzt hat. Der Regierung brachte dies über 700 Millionen Euro Steuern jährlich ein, auf die sie nun verzichten muss. Zugleich verlieren etwa 200 000 Menschen in Kasinos, angeschlossenen Hotels und Restaurants ihre Arbeit.
Pleiten und Baustopps in Las Vegas
Doch nicht nur in Russland darbt die Glitzerbranche, selbst hinter den funkelnden Kulissen von Las Vegas sieht es schon seit Monaten nicht rosig aus. Die Wirtschaftskrise setzt dem Zockerparadies merklich zu, hatten sich doch die großen Kasinobetreiber wie „MGM-Mirage“, „Las Vegas Sands“ oder auch „Wynn Resorts“ für neue Mammutprojekte schwer überschuldet – und das bei deutlich sinkenden Besucher- und vor allem Zocker-Zahlen. Im ersten Quartal haben die Spielbetriebe 17 Prozent weniger Geld gescheffelt als im Vorjahr, bei einem Rückgang der Gästezahlen um neun Prozent.
Eine der zahlreichen Baustellen auf dem „Strip“ gehört zum 63-stöckigen Casino Resort von „Fontainebleau Las Vegas“. Etwa 70 Prozent der Arbeiten am 2,9 Milliarden US-Dollar schweren Koloss mit fast 4000 Zimmern sollen beendet sein.
Und dabei bleibt es wohl für´s Erste, denn die drei Betreibergesellschaften um Fontainebleau Las Vegas LLC haben am 9. Juni Insolvenz angemeldet – mit Schulden in Höhe von jeweils einer Milliarde Dollar. Bisher stellt sich Fontainebleau als Opfer der Finanzkrise dar. Der Anwalt Scott Baena führte die finanziellen Schwierigkeiten auf die Pleite der Lehman Brothers zurück, die ursprünglich beim Neubau als Geldgeber eingeplant waren.
MGM-Mirage-Chef Jim Murren hält die Talsohle der Krise in der Wüstenstadt für erreicht. Fraglich sei nur, ab wann es wieder aufwärts ginge. MGM-Mirage und der Großaktionär Kirk Kerkorian denken derzeit jedoch nicht über einen Verkauf irgendeines ihrer zehn Häuser am Strip nach, sagte Murren kürzlich in einem Interview.
Das liegt allerdings vor allem an zu niedrigen Angeboten, nicht an einer stabilen Finanzierung. Auch MGM hat in den ersten drei Monaten 20 Prozent Verluste geschrieben und verzeichnete einen Umsatzrückgang von etwa 1,9 auf nunmehr 1,5 Milliarden Dollar. Die Aktie verlor 2009 satte 53 Prozent ihres Wertes.
Ob der aktuelle Besucherrückgang und die sinkenden Zimmerpreise allein eine Folge krisenbedingter Sparsamkeit sind, bleibt abzuwarten. In Macau, eine Fährstunde von Hong Kong entfernt, entsteht seit der Integration der ehemaligen portugiesischen Kolonie 1999 in die Volksrepublik China ein weiteres Spielerparadies. Auf eigens aufgeschütteten Flächen sind Kasinos entstanden, die dem Las Vegas Strip in nichts nachstehen.
Las Vegas in Macau
Im Gegenteil, bereits 2006 erzielten die etwa 30 Kasinos in Macau einen höheren Umsatz als die „Sin City“ in der Wüste Nevadas. Doch eine echte Konkurrenz ist Macau nicht. Über achtzig Prozent der Besucher kommen aus China oder Hongkong in die einzigen legalen Kasinos der Volksrepublik. Nach dem Rekordjahr 2008 mit 30,18 Millionen Besuchern wird für das laufende Jahr ein Rückgang erwartet, vor allem, nachdem die chinesische Regierung die Besucherzahlen für ihre Bürger beschränkt hat.
Ihr Geld lassen die Gäste bei alten Bekannten. Las Vegas Sands etwa eröffnete 2004 das „Sands Macao“ und baute anschließend das „Venetian Macao“, das im August 2007 den Spielbetrieb aufnahm. MGM-Mirage betreibt seit Ende 2007 das „MGM Grand Macau“ und das „Wynn Macau“ sind die Wynn Resorts seit 2006 im Geschäft.
Das City of Dreams Casino Resort gehört der Melco Crown Entertainment Ltd., eine Kooperation des neuerdings nur noch drittreichsten Mann Australiens, James Packer, und Lawrence Ho, dem Sohn des chinesischen Kasinomoguls Stanley Ho. Innerhalb von 27 Tagen nach der Eröffnung am 1. Juni verzeichnete der Kasinokomplex eine Million Besucher.
Eine rasante Entwicklung wie in Macau zeichnet sich in Russland nicht ab. Zu weit von eigentlich allem entfernt liegen die Sonderzonen. Es mangelt zudem selbst an Straßen und Strom – vor allem aber an bauwütigen Investoren. In Moskau waren die Kasinos weitgehend in russischer Hand, und selbst wenn die Amerikaner nun ins Geschäft einsteigen wollten, zurzeit können sie sich keine großen Sprünge leisten.
Quelle: wiwo.de
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