Holpriger Start für Zockerparadies
Bis das Glücksspiel in Russland wieder boomt, könnte noch einige Zeit vergehen. Der Bau der geplanten Spielzonen stockt gehörig
Voller Stolz dreht Juri Dobrokwaschin am Wasserhahn. Ein Wasserstrahl schießt zischend aus dem Anschluss und versickert schnell in der trockenen schwarzen Erde. "Sehen Sie, wir haben Wasser. Und auch Strom. Wir haben Stromleitungen, mehrere Brunnen, einen eigenen Gasanschluss und eine Straße gebaut", sagt Dobrokwaschin, der die Aufsicht der Krasnodarer Direktion von Asow City überhat. 200 Mio. Rubel (rund 4,4 Mio. Euro) habe die örtliche Regierung bereits in die Infrastruktur für die geplante Glücksspielzone am Asowschen Meer investiert.
Wo sich heute noch Mais- und Sonnenblumenfelder erstrecken, soll nach den Plänen des Kreml ein russisches Las Vegas entstehen. Seit 1. Juli ist Glückspiel in Russland nur noch in vier ausgewiesenen Zonen erlaubt: in Kaliningrad, in Wladiwostok, im Altai-Gebirge und eben am Asowschen Meer.
Erst muss Geld fließen
Doch bis in den Glücksspielgebieten tatsächlich die Roulettekugel rollt, sind Milliardeninvestitionen vonnöten. Allein in Asow City müssen bis zu acht Milliarden US-Dollar investiert werden. Das Geld soll von privaten Investoren kommen. Die Regierungen von Krasnodar und Rostow, auf deren Gebiet das Zockerparadies entstehen soll, stellen nur die Infrastruktur bereit.
Aufgrund der Wirtschaftskrise sitzt jedoch derzeit bei vielen Investoren und Betreibern das Geld nicht locker genug, um in ein derartiges Projekt zu investieren. Die ersten Unternehmen haben sich zwar bereits 2008 Optionen auf Grundstücke gesichert. Gebaut wird derzeit allerdings nur an einem Kasino. Das russische Unternehmen "Royal Time" mit Sitz in Kasan will bis Jahresende den ersten Glücksspieltempel von Asow City fertiggestellt haben.
Das größte Grundstück von Asow City liegt derzeit aber brach. Die 18,5 Hektar große Fläche hatte sich im vergangenen Jahr das in Wien registrierte Unternehmen Air Structures Architectural Technologies & Investments GmbH (Asati) gesichert. Die Baufirma von Alexander Kogan, einem US-Unternehmer mit russischen Wurzeln, ist auf die Errichtung von Traglufthallen spezialisiert. Den Krasnodarer Behörden zufolge war ausgemacht, dass bis 1. Juli mit den Bauarbeiten begonnen werden sollte.
"Das Unternehmen kommt seinen Pflichten nicht nach", ist Dobrokwaschin erbost und zeigt auf den grünen Acker. Da Asati die Bedingungen des Investitionsvertrages nicht einhalte, habe die Behörde beim Schiedsgericht beantragt, dass der Vertrag aufgelöst wird. Philip Kogan, Geschäftsführer von Asati, bekräftigte hingegen das Engagement: "Wir sind noch an Bord. Es gab keine Entscheidung, das Projekt fallen zu lassen, und wir wurden auch nicht von der Administration dazu aufgefordert." Das Unternehmen sei in Gesprächen mit internationalen Betreibern wie den Casinos Austria und Harrah's Entertainment. Mit dem Bau der ersten Traglufthallen sei in den USA bereits begonnen worden.
Steinige Wege zum Spiel
"Unsere größte Sorge ist, ob die Leute auch nach Asow City kommen", sagt Kogan. Die Spielzone ist nämlich alles andere als leicht zu erreichen. Asow City ist von der nächsten größeren Stadt, Rostow on Don, fast 90 Kilometer entfernt. Die letzten 16 Kilometer muss man auf einer holprigen Staubpiste, die durch endlos scheinende Sonnenblumenfelder führt, zurücklegen. Die Rostower Regierung will mit den Bauarbeiten für eine asphaltierte Zufahrtsstraße im September beginnen. Für den Investor Kogan ist dies jedoch nicht ausreichend: "Die Regierung muss ihre Bemühungen verstärken und sich auch finanziell einbringen." (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.8.2009)
Quelle: derstandart.at
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