Affäre um Glücksspiel-Gesetz
"Blackjack-gate" in Polen
07. Oktober 2009, 16:16Drei Minister entlassen - Sie hatten engen Kontakt zu Geschäftsleuten der Glücksspielbranche und nahmen in deren Interesse Einfluss auf die Arbeit an dem geplanten neuen Gesetz
Warschau - Polens Premier Donald Tusk hat am Mittwoch radikale Veränderungen in der Regierung vorgenommen. Wegen der Affäre um ein neues Gesetz für die Glücksspielbranche - in den Medien als „Blackjack-gate" bezeichnet - verlieren auch Innenminister Grzegorz Schetyna, Justizminister Andrzej Czuma und Vize-Wirtschaftsminister Adam Szejnfeld ihre Ämter. Zuvor mussten bereits Sportminister Miroslaw Drzewiecki und der Fraktionschef von Tusks rechtsliberaler Bürgerplattform (PO), Zbigniew Chlebowski, zurücktreten. Alle Betroffenen gehören der PO an. Es ist die bisher schwerste Krise der Partei.
Drzewiecki und Chlebowski hatten engen Kontakt zu Geschäftsleuten der Glücksspielbranche und nahmen in deren Interesse Einfluss auf die Arbeit an dem geplanten neuen Gesetz. Sie hätten „in Worten, Taten und Andeutungen die Grenze des Zulässigen überschritten", sagte Tusk am Mittwoch. Stenogramme von entsprechenden Telefongesprächen hatte am vergangenen Donnerstag die Zeitung Rzeczpospolita veröffentlicht.
Untersuchungsausschuss
Dagegen liegt laut Tusk bei Schetyna, Czuma und Szejnfeld nach bisherigem Kenntnisstand kein Rechtsverstoß vor. Er habe ihrer Entlassung zugestimmt, weil sie im Zusammenhang mit der Affäre in die Schlagzeilen gerieten. „Ich möchte aber die absolute Neutralität der Regierung bei der Aufklärung der Vorwürfe garantieren", so Tusk. Gleichzeitig forderte der Regierungschef einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss und stimmte damit den Anträgen der Oppositionsparteien im Parlament zu. Der bisherige Innenminister Schetyna solle als künftiger PO-Fraktionsvorsitzender die Aufklärung vorantreiben.
Der Regierungschef erhob schwere Vorwürfe gegen die zentrale Antikorruptionsbehörde CBA, deren Ermittlungen die Affäre auslösten. Deren Chef Mariusz Kaminski habe sich als „parteiisch" erwiesen und der rechtsnationalen Oppositionspartei „Recht und Gerechtigkeit" (PiS) in die Hände gespielt, so Tusk. Die PiS ihrerseits benutze die Vorwürfe gegen die Regierung zu einem „brutalen politischen Krieg". Er habe das Verfahren eingeleitet, das bis Ende der Woche zu einer Entlassung Kaminskis führen solle. Der Grund dafür seien aber nicht die Ermittlungen gegen die Regierung, sondern ein am Dienstag eingeleitetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. (APA, red, DER STANDARD, Printausgabe, 8.10.2009)
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