Staatliche Glückskugel rollt langsamer

Stuttgart. Nach einem mehrjährigen Umsatzrückgang verzeichnet die Staatliche Toto-Lotto GmbH in Baden-Württemberg 2009 erstmals wieder ein Plus. Im ersten Halbjahr stiegen die Einsätze um gut sechs Prozent auf 467 Millionen Euro. Eine Trendwende sieht Staatsminister Wolfgang Reinhart allerdings noch nicht. Der Anstieg resultiere aus hohen Jackpots und zwei Sonderauslosungen, heißt es in der Antwort des CDU-Ministers auf eine gemeinsame Anfrage aller vier Landtagsfraktionen. Die Parlamentarier wollen heute in einer Anhörung ausloten, ob der rechtliche Rahmen geändert werden muss.

Mitte des Jahrzehnts erzielte die Toto-Lotto GmbH noch Umsätze von gut einer Milliarde Euro. 2008 waren es nur noch 865,4 Millionen Euro. Die Einnahmen des Landes sind in der Folge um 70 auf 358 Millionen gesunken. Eine Ursache für den Rückgang: Das Bundesverfassungsgericht hat die Staatsfirma zur Zurückhaltung bei der Werbung verdonnert. Das staatliche Wettmonopol sei nur begründbar, wenn es zur Eindämmung der Spielsucht führe.
Einbrüche bei der Spielbank

Seit Jahren rückläufig sind auch die Umsätze der Spielbanken. Die drei Casinos in Baden-Baden, Stuttgart und Konstanz erzielten 2005 noch einen Bruttospielertrag von 106 Millionen Euro. Für 2009 erwartet Reinhart nur noch 71 Millionen Euro. Als Ursachen nennt der Staatsminister das strikte Rauchverbot, die umfassende Zugangskontrolle und die "erweiterten Spielmöglichkeiten für das gewerbliche Spiel". Gemeint ist die Konkurrenz der Spielhallen, die sich in vielen Städten Baden-Württembergs wie Pilze im feuchten Wald vermehren.

Von 2000 bis 2008 nahm nach Reinharts Aufstellung die Zahl der Konzessionen im Südwesten um 44 Prozent zu, während es bundesweit nur ein Plus von 5,5 Prozent gab. Die Zahl der Spielgeräte explodierte geradezu: 73 Prozent mehr in Baden-Württemberg. Allein in Spielhallen standen 2008 fast 11-€ˆ000 Geräte, weitere 9-€ˆ000 in Gaststätten. Experten weisen darauf hin, dass die Geldspielautomaten der Spielhallen technisch den Geräten der staatlichen Spielbank ebenbürtig seien.

Politisch geht es um die Eindämmung der privaten Spielhallen. Die größte Suchtgefahr geht nach Ansicht des Glücksspiel-Fachbeirats von den gewerblichen Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit aus. Spielbank-Chef Bernd Wulferding beklagt seit langem, dass für die private Konkurrenz weder Rauchverbot noch Zugangskontrolle vorgeschrieben sei.

Kaum Fortschritte gibt es bei der Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. Das Regierungspräsidium Karlsruhe konnte bei den Wettbüros bisher lediglich eine Stagnation bei landesweit 500 erreichen. Stark zugenommen haben nach Angaben von Innenminister Heribert Rech die Internet-Angebote für Sportwetten wie Casinospiele. Die Schweiz will die Privaten mit einem staatlichen Internet-Casino kontern.

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