Überfall auf Poker-Turnier
Polizei nennt Räuber "Dilettanten"

Nach dem Überfall auf das Europäische Poker-Turnier im Berliner Hotel Grand Hyatt fahndet die Polizei nach vier Tätern. "Wir befragen zurzeit viele Zeugen, und das möglichst schnell, weil sonst Informationen verloren gehen", sagte gestern Polizeisprecher Guido Busch. Zudem würden Videoaufzeichnungen ausgewertet. Der Polizei gelang es offenbar auch, die DNA eines Täters zu sichern.

Aus Sicht der Polizeigewerkschaft im Beamtenbund zeigt die Tat eine neue Dimension der Dummheit von Verbrechern. Wer vor laufender Kamera eine solche Tat begehe, sei eher ein Dilettant, sagte der Vorsitzende Rainer Wendt am Montag auf n-tv. Er rechne damit, dass die Täter schnell gefasst werden.

Am Sonnabend waren gegen 14.15 Uhr vier Vermummte in das Hotel am Marlene-Dietrich-Platz gestürmt. Im ersten Stock bedrohten sie am Empfangstresen des Veranstalters European Poker Tour (EPT) Mitarbeiter mit Pistolen und einer Machete. Sie zwangen den Kassierer zur Herausgabe der Startgelder, die die Spieler an diesem Tag eingezahlt hatten. Ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes konnte einen Täter festhalten, wurde jedoch von einem anderen Räuber attackiert. Bei der Rangelei gelang es einem Hotelmitarbeiter, einem Räuber eine Tüte mit dem größeren Teil der Beute zu entreißen. Mit den restlichen 250.000 Euro flüchteten die Täter zu Fuß Richtung Potsdamer-Platz-Arcaden.

Durch den Überfall brach Panik aus, viele flüchteten in den angrenzenden Ballsaal, in dem gerade in aller Stille gepokert wurde. Tische kippten um, Jetons fielen zu Boden. In dem Gedränge wurden sieben Personen verletzt. "Erst dachte ich, das sei eine Rauferei", sagt der österreichische Poker-Profi Erich Kollmann. "Doch dann sah ich, dass die Männer vermummt und bewaffnet sind." Wie er flohen viele Spieler aus dem Saal, manche verschanzten sich unter Spieltischen.

Am Sonnabend musste viel Geld im Spiel gewesen sein. Unter anderem stand der High-Roller-Wettbewerb auf dem Programm, bei dem jeder Teilnehmer ein Startgeld von 10.000 Euro zahlen musste. Für die Pokerrunde, die durch die Gangster gestört wurde, hatten die Teilnehmer jeweils 1100 Euro gezahlt.

Die Polizei rechnet sich gute Chancen aus, die Täter schnell zu finden. Es gibt hunderte Zeugen und zahlreiche Aufnahmen von Kameras im Hotel aber auch außerhalb. Auf einigen Bildern sind die Gesichter der Täter zu sehen, die sich bei ihrer Flucht bereits die Masken heruntergerissen hatten. Ob mit den Bildern auch öffentlich gefahndet werden soll, wollte die Polizei gestern nicht sagen.

Zurzeit geht die Polizei auch die Listen der Turnier-Teilnehmer durch, weil sie nicht ausschließt, dass unter ihnen Komplizen der Räuber sind. Er könnte den Gangstern Informationen und das Startsignal gegeben haben. Denn die griffen offenbar in dem Moment an, als die Startgelder von einem Tresor zum anderen gebracht wurden.

Unter Spielern wie Ermittlern wurden gestern auch erste Fragen nach den Sicherheitsvorkehrungen des Veranstalters laut. Denn während in der gegenüberliegenden Spielbank die Kasse, an der man Geld gegen Jetons tauscht, durch eine Panzerglasscheibe gesichert ist, wurden beim Pokerwettstreit im Hyatt die Geldbündel einfach über den Tisch gereicht. Eine EPT-Sprecherin gab sich hierzu einsilbig und verwies auf den Tresor und die Security-Leute. Gerüchteweise sollen von denen aber mehrere in der Mittagspause gewesen sein, als die Tat geschah. Der Überfall werde aber Konsequenzen für das Sicherheitskonzept haben, sagte die Sprecherin.

An dem Turnier, das zu Wochenbeginn mit 945 Teilnehmern gestartet war, nahmen auch Prominente teil: Ex-Tennisprofi Boris Becker schied ebenso früh aus wie Titelverteidigerin Sandra Naujoks – in der Pokerszene als "Black Mamba" bekannt. Weil Pokerspieler nur schwer aus der Ruhe zu bringen sind, ging wenige Stunden nach dem Überfall das Spiel weiter.
Am Sonntag passten mehr Wachleute als am Vortag auf und auch die Startgelder für die letzten Turniere wurden erstmals am sicheren Spielbank-Schalter eingezahlt. Bei der Endrunde am Abend ging es um eine Million Euro für den 1. Platz.