So sind Gewinne aus Lotto, Glücksspiel und Co. zu versteuern (Keine Kommentare) Weiterlesen
Wenn es etwas zu gewinnen gibt, sind die Bundesbürger mit Eifer dabei. Vor allem im staatlichen Lotto suchen viele regelmäßig ihr Glück – selbst wenn die Chance auf einen Sechser nur bei rund 1:140 Millionen liegt.Was den Losgewinn besonders attraktiv macht: Wer beim Lotto abräumt, hat auch steuerlich einen Volltreffer gelandet. Diese Glückspilze müssen keinen Cent aus ihrem Jackpot ans Finanzamt abtreten. Bei anderen Gewinnen kann das ganz anders aussehen.
Der Fiskus will immer öfter bei Preisgeldern im Sport, beim Pokern oder bei Fernsehshows mitkassieren. Selbst bei renommierten Wissenschaftspreisen langt das Finanzamt neuerdings zu. Das Finanzgericht Hamburg verdonnerte jetzt einen Professor dazu, die 10.000 Euro, die er als Gewinner eines Lehrpreises verliehen bekam, als Einkommen zu versteuern (Az.: 3 K 126/13).
Noch vor ein paar Jahren schien der Fiskus nicht sonderlich interessiert, wenn Steuerbürger bei Preisverleihungen, Ratespielen, Gesangswettbewerben oder beim Pokern ordentlich abräumten. Das hat sich mit dem Boom immer neuer Gewinnspiele im Radio oder in Fernsehshows wie "Big Brother", "Wer wird Millionär", "Schlag den Raab", "Die Farm" oder "Germany's Next Topmodel" geändert.
Neue Rechtsprechung der Finanzgerichte
Mit der neueren Rechtsprechung von Finanzgerichten weht ein schärferer Wind. "Wer etwas gewinnt, sollte besser prüfen, ob es sich um einen steuerfreien Gewinn oder um eine steuerpflichtige Entlohnung für seine Leistung handelt", erklärt Christina Georgiadis, Sprecherin der Vereinigten Lohnsteuerhilfe (VLH). Der Grat zur Steuerhinterziehung ist schmal geworden.
"Bitte nicht blauäugig davon ausgehen, dass ein Preisgeld oder auch Sachpreise automatisch steuerfrei sind", warnt auch Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine (NVL).
Ob die Siegerin im Schönheitswettbewerb der örtlichen Tageszeitung das ausgelobte Auto oder der Professor das Preisgeld an der Steuer vorbei behalten dürfen, sei oft auch vom Einzelfall abhängig.
Grundsätzlich gilt: Vor dem Fiskus sind nicht alle Gewinner gleich. Nur wenn der Zufall im Spiel war, wenn vor allem das Glück über Sieg oder Niederlage entscheidet, dürfen Gewinne steuerfrei eingestrichen werden. Wie etwa beim staatlichen Lotto oder bei Renn- und Sportwetten. Der Fiskus hält erst dann die Hand auf, wenn das angelegte Geld Zinsen abwirft.
Bundesfinanzhof soll über Pokergewinne entscheiden
Auch das beliebte Pokern zählt in Deutschland zu den Glücksspielen – so war die Rechtslage zumindest bisher, wie Georgiadis erklärt. Jetzt könnte sich das Blatt womöglich bald wenden.
Nach Ansicht des Finanzgerichts Köln hat Pokern nichts mit Glück zu tun, sondern mit Geschicklichkeit, analytischen und psychologischen Fähigkeiten (Az.: 12 K 1136/11). Deshalb soll Pokerfuchs Eddy Scharf, im Hauptberuf Flugkapitän und einer von Deutschlands erfolgreichsten "Pokerfaces", seine Preisgelder plötzlich versteuern.
Scharf sah das nicht ein. Jetzt muss der Bundesfinanzhof (BFH) in München höchstrichterlich entscheiden, ob regelmäßiges Spielen an Pokertischen tatsächlich ein Gewerbe ist und das Finanzamt etwas von den Gewinnen abhaben darf. "Das wird spannend" betont Georgiadis. Das Machtwort, das noch in diesem Jahr fallen soll, wird auch Einfluss auf Tausende deutsche Hobbyspieler haben.
Selbst vor Amateursportlern wie Gewichthebern macht der lange Arm des Fiskus nicht mehr halt. Normalerweise galt bisher: Sind die Sportler bei Turnieren nicht als Profis unterwegs, sondern betreiben sie ihren Sport aus Leidenschaft, dürfen sie gewonnene Preisgelder steuerfrei mitnehmen.
Doch auch hier gibt es scheinbar keine Regel mehr ohne Ausnahme: Das Finanzamt fordert von einem erfolgreichen Amateurgewichtheber plötzlich Steuern nach weil dieser jahrelang jeweils einige Tausend Euro bekam – mal als Siegprämie von seinem Verein, mal als Aufwendungen für die Bundesliga.
Der Fall ging bis zum BFH. Doch die Richter gaben ihn ans zuständige Finanzgericht zurück. Und das soll jetzt nochmals prüfen, ob der Gewichtheber mit seinem Sport Geld verdienen wollte – oder halt doch nicht.
Preisgeld bei "Wer wird Millionär" ist richtig teuer
Den Kampf gegen die Begehrlichkeiten seines Finanzamts hat "Farmer des Jahres" Markus bereits verloren. Sein Preisgeld aus der RTL-Show "Die Farm" muss der Kandidat definitiv versteuern, wie das Finanzgericht Münster erst zu Jahresbeginn entschied (Az.: 4 K 1215/12 E). Mit einem Glücksspielgewinn per Zufall habe das nichts zu tun, hieß es.
Sieger Markus habe vielmehr wochenlang in Ausscheidungswettkämpfen in Norwegens Wildnis geackert und damit maßgeblich auf den Erhalt der Gewinnsumme Einfluss genommen. Sein Hauptgewinn dürfte ihn teuer zu stehen kommen. Er muss jetzt nicht nur sein Preisgeld als Einkommen versteuern, sondern auch die kostenlose Unterkunft und Verpflegung während der Fernsehaufzeichnungen.
"Sobald das Finanzamt unterstellen kann, dass eine gewonnene Geldsumme durch eine Leistung verdient wurde oder jemand sein Konto aufpolstern wollte, wird Einkommensteuer verlangt", erläutert Georgiadis. Das gelte für Sieger in kniffligen Ratespielen wie "Wer wird Millionär" genauso wie für Abräumer in sportlichen Duellen wie "Schlag den Raab". Wer sich bei Fernsehshows als Kandidat bewerbe, sollte im Erfolgsfall mit dem Fiskus rechnen, sagt auch Fachmann Rauhöft.
Dass mit dem Finanzamt keineswegs zu spaßen ist, bekam Sascha Sirtl, Gewinner des "Big Brother"-Spektakels von 2005, zu spüren. Als er den Container nach365 Tagen TV-Gefängnis als umjubelter Sieger verließ und eine Million Euro dafür bekam, galt "Big Brother" noch als Spielshow.
Jahre später stand plötzlich das Finanzamt auf der Matte und verlangte eine Steuernachzahlung von 500.000 Euro. Sirtl stand praktisch vor dem Ruin. Er zog bis vor den BFH, das höchste deutsche Finanzgericht.
Gewinne gelten als "sonstige Einkünfte"
Doch die Münchner Richter fällten 2012 eine Entscheidung, die zum ersten großen Paukenschlag für die steuerliche Bewertung von Reality- und Castingshows werden sollte: Wer als Kandidat an einer Unterhaltungssendung teilnimmt und einen Gewinn erzielt, darf ihn nicht mehr einfach einstreichen, sondern muss ihn als "sonstige Einkünfte" versteuern.
Zur Begründung hieß es: Ist die Teilnahme an einer TV-Show eine vertraglich vereinbarte Leistung, stellt das Preisgeld eine Gegenleistung für die Aktivität des Kandidaten dar (Az.: BFH, IX R 6/10).
Maßgeblich ist auch, ob die Show von der Mitwirkung des Kandidaten lebt und dieser die Rechte am Filmmaterial abgetreten hat. Der prominente Fall macht nach wie vor Furore. Derzeit muss sich noch das Bundesverfassungsgericht damit beschäftigen (Az.: 2 BvR 1503/12). Ein Urteil in dieser Instanz steht aber noch aus.
Den Hamburger Professor, der jetzt die Steuer am Hals hat, wird das kaum trösten. Der Wissenschaftler hatte sich nicht einmal selbst für den Lehrpreis beworben. Das ist gar nicht möglich.
Er wurde wegen seiner herausragenden Arbeit bei der Ausbildung von Studenten vielmehr dafür vorgeschlagen, bekam die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung also ohne sich ins Rampenlicht gedrängelt zu haben – und muss nun trotzdem den Steuerhunger des Fiskus stillen.
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