Feuchtwangen: Zocken in der Krise
Staatliche Spielbank verliert Kunden
FEUCHTWANGEN - Seit genau zehn Jahren rollen die Roulette-Kugeln in der Spielbank in Feuchtwangen im Kreis Ansbach. Bei den Jubiläumsfeierlichkeiten wurde allerdings deutlich, dass die staatliche Einrichtung tief in der Krise steckt.
Es hatte für Feuchtwangen alles so gut begonnen. Die Stadt pokerte hoch – und gewann bei der Standortauswahl für das neue staatliche Casino in Mittelfranken gegen starke Konkurrenz. Der damalige Innenminister Günther Beckstein (CSU) hatte zuvor für Bad Windsheim geworben. Auch die Mitbewerber Nürnberg, Stein sowie Treuchtlingen hatten anfangs noch gute Karten.
Doch Ministerpräsident Edmund Stoiber, so will es die in der CSU überlieferte Legende, legte sich 1998 fest: Die 12500-Einwohner-Stadt an der Grenze zu Baden-Württemberg stand als Sieger der Ausschreibung fest, baute das Casino, kassierte ab dem Jahr 2000 die Miete und bekam mit dem Unternehmen am Ort gleich noch kräftige Einnahmen. 22 Millionen Euro kostete das Gebäude, zwischenzeitlich flossen aber schon 31 Millionen Euro in die Kommune zurück.
Verheißungsvoller Start
Der Start des Casinos war nämlich verheißungsvoll: 29,6 Millionen Euro Umsatz im ersten vollen Geschäftsjahr 2001, dann der Rekord von 31,7 Millionen Euro im Jahr 2002. 30 Millionen Mark Umsatz, also nur etwa die Hälfte waren erwartet worden.
An diese Zeiten erinnern sich die Verantwortlichen beim Jubiläumsfest gerne. Die aktuellen Zahlen müssen dagegen wortreich erklärt werden. Bis 2006 hielt sich die Bilanz nämlich noch konstant bei stolzen 28 Millionen Euro. Der Absturz auf 17,4 Millionen Euro vor zwei Jahren, im vergangenen Jahr schließlich auf 16,1 Millionen, bedeutet nahezu eine Halbierung des Umsatzes aus den Anfangszeiten. Feuchtwangens Bürgermeister Patrick Ruh (CSU) schildert die aktuelle Situation dennoch entspannt, schließlich seien in den guten Jahren Rücklagen gebildet worden, die jetzt in der Krise helfen.
Rauchverbot problematisch
Im Vergleich zum Rückgang der Gewerbesteuer-Einnahmen seien die Minuszahlen im Casino noch moderat, sagt er - und investiert schon wieder mit Hilfe des Stadtsäckels: Für Roulette-Spieler soll ein Raucherbalkon geschaffen werden. 250.000 Euro kostet der Anbau, Freistaat und Kommune teilen sich die Kosten. Die Investition wird einen Plastikplanen-Verschlag ersetzen, der jetzt noch den Rauchern als Refugium dient.
Dagegen darf an den Spielautomaten im Untergeschoss hemmungslos gequalmt werden – vorläufig, denn der Volksentscheid könnte den Rauch auch aus der staatlichen Spielhalle endgültig verbannen. Finanzstaatssekretär Franz Josef Pschierer – er ist der Chef der staatlichen Casinos - reagiert allergisch auf die Diskussionen um den blauen Dunst. Neben Faktoren wie der Wirtschaftskrise und der Zocke im Internet macht er vor allem das Hin und Her ums Rauchen verantwortlich für die Umsatzeinbrüche in allen neun staatlichen Spielbetrieben.
Wohin sind die Zocker verschwunden?
Wohin sind die Zocker verschwunden? Konkurrenten sind die privaten Anbieter, die Pschierer im Vorteil sieht. Während sich der Freistaat an gesetzliche Auflagen zum Nichtraucherschutz halte, werden gewerbliche Spielhallen flugs zu Raucherclubs deklariert, sagt er. Bundesweit stieg die Zahl der privatwirtschaftlich betriebenen »Daddelautomaten« binnen vier Jahren um 30.000 auf 212.000. Auch etliche Kommunen in der Region kämpfen vergeblich gegen die Eröffnungen von immer neuen Spielhallen, die 23 Stunden täglich geöffnet sein dürfen.
Staatssekretär Pschierer sehnt in dieser Lage sogar strenge Gesetze gegen das Rauchen herbei: »Das würde eine Waffengleichheit zwischen dem staatlichen und dem gewerblichen Spielbetrieb bedeuten.« Und er schiebt nach: Die Rauchverbote müssten dann streng überwacht werden. Trotz aller Umsatzeinbrüche fällt es Pschierer nicht schwer, das Casino in Feuchtwangen zu loben. Das Konzept geht auf, sagt er: Besucher kommen aus Nürnberg, Ansbach, Heilbronn und Ulm; »eine Stunde Autofahrt«, das ist der Einzugsbereich. Nach Bad Wiessee ist Feuchtwangen die zweiterfolgreichste staatliche Spielstätte im Freistaat, freut sich der Staatssekretär.
Sorgenkinder im lücksspiel-Dorado
Sorgenkinder hat er auch: Bad Steben (Oberfranken) und Bad Kötzting (Oberpfalz) laufen wegen der Nähe zu den tschechischen Glücksspiel-Dorados schlecht. Aber Pschierer bekennt sich auch zu diesen Casinos: Trotz Bedenken des Obersten Bayerischen Rechnungshofes werde es keine Schließungen geben. Die tschechischen Casinos gelten auch als Bedrohung für Feuchtwangen, zumal sie Kunden aus dem Großraum Nürnberg abwerben.
In Feuchtwangen sind Zeiten ohne Casino undenkbar, beteuern die Verantwortlichen trotzig. Aber jetzt wird getrommelt: Ein Kulturprogramm mit Jazz-Combos soll für verstärkte Attraktivität sorgen, das Feuchtwanger Kulturamt hilft dem Casino. »Ein Draufzahlgeschäft ist das«, räumen die Verantwortlichen ein, aber Werbung für die Spielbank sei eben dringend nötig: »Wir müssen wieder mehr Leute anlocken.
Quelle: nn-online.de
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