Novomatic-Chef Wohlfahrt über den Entwurf zur Glücksspielgesetznovelle: Änderungen hält er für denkbar
Die Krise als Chance für Zukäufe
Von Stefan Janny
Aufzählung Derzeit mehr als zehn mögliche Übernahmeziele auf dem Prüfstand.
Aufzählung Bewerbung um Kasino-Lizenzen vorerst noch offen.
"Wiener Zeitung": Schadet die Wirtschaftskrise Ihrem Geschäft, oder profitieren Sie sogar, weil die Menschen das Glücksspiel als letzte Möglichkeit sehen, um noch ans große Geld zu kommen?
Franz Wohlfahrt: Diese These trifft allenfalls auf Lotterieausspielungen, wo bei kleinen Einsätzen große Gewinne versprochen werden und die Lösung aller finanziellen Zukunftssorgen suggeriert wird. Lotterien sind daher von der Krise weniger betroffen. Ob sie profitieren, wird man aber erst zu Jahresende sehen.
Alle anderen Marktsegmente, inklusive der produzierenden Glückspielindustrie, sind vom jetzigen wirtschaftlichen Umfeld nachteilig betroffen: Als produzierender Teil der Industrie spüren wir, dass die Spielbanken sparen müssen, da sie unter anderem durch hohe Steuern, Abwanderung von Spielteilnehmern ins Internet und Rauchverbote Nachfragerückgänge im operativen Geschäft haben.
Wie wirkt sich die Krise in den anderen Segmenten des Glücksspielgeschäfts aus?
Bei Sportwetten und Automatenkasinos ist der Kaufkraftverlust naturgemäß ein Thema. In einzelnen Ländern – etwa im Baltikum oder in Rumänien, wo das verfügbare Einkommen für Freizeit und Unterhaltung merklich zurückgegangen ist – spürt man das schon sehr deutlich.
Und wie läuft das Geschäft in Mitteleuropa?
Da wird man eine präzise Aussage erst gegen Jahresende tätigen können. Ich glaube, dass sich auf Konsumentenseite im zweiten Halbjahr beim verfügbaren Einkommen gewisse Einbußen bemerkbar machen werden. Daher ist zu befürchten, dass es dann zu Ertragseinbußen kommen wird.
Für uns als international tätiges Unternehmen kommt noch das Thema der Währungsschwankungen hinzu. Wenn etwa in Ungarn der Forint in den letzten Monaten doch erheblich abgewertet hat, sind die Erträge aus diesen Märkten, da wir in Euro bilanzieren, um diesen Abwertungsfaktor zu verringern.
Was tut man als Vorstandschef in einer solchen Situation? Augen zu und durch?
Wir sind gegen die Krise gut gewappnet, da wir auf mehreren Beinen stehen. Die sinkende Nachfrage nach unseren Glücksspielgeräten können wir teilweise durch den Ausbau unseres operativen Geschäftes kompensieren.
Anders ausgedrückt: Ihre eigenen Kasinos und Spielhallen nehmen einen höheren Prozentsatz der Automatenproduktion ab?
Oder aber wir gehen in neue Märkte oder übernehmen Spielhallenketten, die mit Fremdprodukten arbeiten, und ersetzen diese durch unsere eigenen Produkte. Ein kleiner Vorteil der Krise ist, dass solche Akquisitionen tendenziell billiger geworden sind.
In welchen Regionen prüfen Sie konkrete Akquisitionen?
Wir prüfen derzeit mehr als zehn potenzielle Übernahmeziele in den verschiedensten Ländern. Wir konzentrieren uns dabei vor allem auf die Regionen Lateinamerika und Kontinentaleuropa. Unser Augenmerk gilt primär dem operativen Geschäft im Spielautomatensektor und erst sekundär anderen Marktsegmenten, wie dem Wettgeschäft oder dem Spielbankensektor.
Demnächst werden in Österreich die bei den Casinos Austria liegenden Kasino-Lizenzen neu ausgeschrieben. Wird sich Novomatic um die eine oder andere dieser Lizenzen bewerben?
Wir werden uns unter der Voraussetzung eines transparenten Vergabeprozederes die Ausschreibungsbedingungen genau ansehen und dann entscheiden. Ob wir uns bewerben, wird nicht zuletzt davon abhängen, welche standortpolitischen Fragen zu berücksichtigen sind.
Sie vermuten also, dass nicht alle Lizenzen für die bestehenden Kasino-Standorte in identer Form wieder ausgeschrieben werden?
Das Finanzministerium wird als ausschreibende Behörde neben dem ordnungspolitischen Faktor auch die fiskalische Komponente beachten. Es wird sich also die Frage stellen, ob Spielbanklizenzen für Standorte wie etwa das Kleine Walsertal oder Bad Gastein wieder zur Vergabe kommen oder ob es sich aus Sicht des Ministeriums nicht anbieten würde, diese Lizenzen für andere Standorte zu vergeben.
Sie meinen, dass es für das Finanzministerium lukrativer wäre, anstatt für Bad Gastein oder das Kleine Walsertal etwa eine zweite Kasino-Lizenz für Wien oder Salzburg zu vergeben?
Ich will den Überlegungen des Ministeriums nicht vorgreifen, aber aus fiskalischer Sicht könnte das plausibel sein.
Sie erweitern derzeit Ihre Unternehmenszentrale in Gumpoldskirchen und den dortigen Produktionsstandort. Würde es sich nicht gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise eher anbieten, Kapazitäten verstärkt in Niedriglohnländer nach Osteuropa oder Asien zu verlagern?
Wir sind auch in Krisenzeiten sehr gut positioniert. Aufgrund unserer guten Liquiditätssituation ist es für uns kein Problem, diese Krise durchzustehen, auch wenn sie noch länger anhält. Unsere Mitarbeiter und deren Arbeitsplätze haben absolute Priorität – auch vor allfälligen Überlegungen der Gewinn-Maximierung. Wir sind überzeugt, dass wir mit unserer Strategie, primär im europäischen Binnenmarkt zu produzieren, richtig gefahren sind und werden sie daher nicht ändern. Wir denken nicht daran, Teile der Produktion in fernöstliche Niedrigstlohnländer auszugliedern.
Daraus könnte man schließen, dass die Margen in Ihrem Geschäft so hoch sind, dass Sie das nicht notwendig haben.
Das ist nur partiell richtig. Die Margen sind angemessen. Wir produzieren Premium-Produkte, für die man Premium-Preise verrechnen kann.
Der Beschluss der bevorstehenden Glücksspielgesetznovelle, die erstmals bundesweite Lizenzen für Betreiber von Automatenhallen vorsieht, wenn diese zumindest 50 Millionen Euro Eigenkapital vorweisen können, wurde auf Herbst verschoben. Wie interpretieren Sie diese Verzögerung?
Wir halten eine Neuregulierung bestimmter Segmente des Glücksspielmarktes auf Bundes- oder Landesebene für sinnvoll.
Dass Sie den vorliegenden Gesetzentwurf begrüßen, ist nicht wirklich überraschend, immerhin wird er umgangssprachlich bereits als "Lex Novomatic" bezeichnet. Aber die Frage bezog sich auf den Grund für die Verzögerung.
Es liegt ein Entwurf für eine bundesweite Regelung des Automatenspiels bei gleichzeitiger Steuererleichterung der Monopolgesellschaften vor. Der Gesetzgeber oder das Ministerium hat verschiedene Interessen unter einen Hut zu bringen: jene der Länder, weil hier in Landeskompetenzen eingegriffen würde; die Interessen der Automatenbranche; die Interessen der Internet-Gaming-Branche und die Interessen der Kartencasinos. Naturgemäß gibt es von all diesen Interessengruppen verschiedenste Änderungsvorschläge und Einwände. Das dürfte auch der Grund sein, warum sich das Ministerium noch etwas abwartend verhält. Wichtig ist, dass eine Lösung herauskommt, die jene Bereiche, die bisher nicht reguliert sind, vernünftig regelt.
Vielfach wird vermutet, dass die Verschiebung einen Gesetzesbeschluss bis nach der oberösterreichischen Landtagswahl verzögern soll.
Da objektiv ein sachlicher Handlungsbedarf für Regulierung existiert, sollten Wahlen an sich kein Grund für eine verzögerte Behandlung sein. Regulierungsbedarf besteht unter anderem in der Frage, wie das Thema der Automatendienstleistungen vor dem Hintergrund geregelt werden soll, dass in vier Bundesländern gleich viel Automaten legal bewirtschaftet werden wie in fünf Bundesländern, wo es verboten ist.
Oberösterreich ist ein solches Bundesland, in dem das Automatenspiel offiziell nicht gestattet ist, aber dennoch umfangreich betrieben wird.
Wie gesagt: Regelungsbedarf ist vorhanden. Bund sowie Länder sind aufgerufen, vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen.
Gehen Sie davon aus, dass am vorliegenden Entwurf noch nennenswerte Änderungen vorgenommen werden?
Ich kann derzeit nicht abschätzen, ob es mit Rücksicht auf die Wahrnehmung der verschiedenen Interessenslagen zu Änderungen kommen wird.
Sie schließen es aber auch nicht aus?
Es ist nicht ausgeschlossen, dass der vorliegende Entwurf entweder partiell oder auch in seiner grundlegenden Struktur noch überarbeitet wird.
Nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa herrscht Bedarf nach einer Vereinheitlichung der Regeln und Lizenzierungsverfahren für Glücksspiel.
Wir erachten eine europäische Glücksspielrichtlinie bereits seit Jahren für sinnvoll. Die Vielzahl der vor diversen Gerichten anhängigen Verfahren beweist ja, dass hier Regelungsbedarf besteht. Wobei wir besonders zwei Bereiche sehen: Einerseits sollten in einer europäischen Glücksspielrichtlinie die Grundvoraussetzungen für die Erteilung und Vergabe von Lizenzen geregelt werden, etwa ähnlich wie in der Telekom-Branche. Andererseits sollten Grundregeln, was die grenzüberschreitende Durchführung von Glücksspieldienstleistungen betrifft, etwa in den Bereichen Ordnungspolitik und Verbraucherschutz, implementiert werden.
Ich bin sicher, dass in den nächsten fünf Jahren ein Entwurf einer solchen Richtlinie zumindest diskutiert werden wird und dass sich die EU einer derartigen Harmonisierung auf Dauer nicht verschließen können wird. Denn andernfalls werden über das Internet Milliardenbeträge unkontrolliert, unbesteuert und in noch stärkerem Umfang, als das bisher schon der Fall ist, in das EU-Ausland abfließen.
Noch eine Schlussfrage: Haben Sie eine Lieblingszahl?
Meine Lieblingszahl ist die Sieben.
Quelle: Wiener-Zeitung
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