Mitarbeiter der Spielbank Potsdam enttarnen Schummler und setzen sie vor die Tür

POTSDAM / INNENSTADT - .

Michael Masch ist ein alter Hase, schon seit Jahrzehnten im Kasino-Geschäft tätig. An den dreistesten Betrugsversuch erinnert sich der Pressesprecher der Spielbank Potsdam, als wäre es gestern passiert. „Mit einem selbst gebauten Gebläse versuchte ein Herr, den Lauf der Roulettekugel zu beeinflussen“, berichtet Masch. „Die Düse hatte er unter dem Hemdsärmel versteckt.“ Schließlich wurde dem Croupier die Glückssträhne des Zockers unheimlich. Nach genauer Beobachtung flog der Betrüger auf.

In der Spielbank Potsdam, wo Masch seit der Eröffnung 2002 arbeitet, gab es ähnlich „originelle“ Aktionen selten. Das dürfte auch an den Vorkehrungen liegen, die man an der Breiten Straße trifft. Geschäftsführer Ingo Edelmann kümmert sich darum, dass die Spielregeln eingehalten werden. Als Klassiker unter den Betrügereien beschreibt er die „Poussette“, das so genannte Nachsetzen beim Roulette. Dabei gehen die Schummler im Team vor. „Einer der Betrüger setzt spät oder provoziert den Croupier und die Tischaufsicht“, so Edelmann. Der Komplize nutze die Ablenkung, platziere am anderen Ende des Tisches Chips, obwohl die Kugel bereits zum Liegen gekommen ist. Das passiere blitzschnell. Verdächtig sei es, wenn ein stiller Teilnehmer plötzlich gewinne, während ein anderer sehr kommunikativ ist. „Die Jungs übertreiben es meist“, sagt Edelmann. So auch vor wenigen Jahren in Potsdam. Filmaufnahmen überführten damals zwei Männer. Die Digitalkameras hängen an der Decke und den Tischlampen.

Bei Betrugsfällen ist man in Potsdam kompromisslos. „Die Personen bekommen Hausverbot, und zwar in ganz Deutschland“, so Edelmann. „Gemeinsam mit anderen Spielbanken führen wir eine Sperrdatei, die permanent aktualisiert wird.“ Aufheben könne die Sperrung nur die Bank, die sie verhängt hat. Zudem zeige man Übeltäter an.

Um Betrügern auf die Schliche zu kommen, setzt man in Potsdam nicht nur auf die Kameratechnik, sondern auch auf geschultes Tisch- und Saalpersonal. Ein Croupier stehe höchstens eine Stunde am Tisch, mache dann 15 Minuten Pause. Etwas länger bleibe die Tischaufsicht auf dem Posten. Eine solide Ausbildung sei die Basis für den nötigen Überblick. „Die Ausbildung zum Roulettecroupier dauert drei Monate“, so Edelmann. „Allerdings braucht es drei bis vier Jahre, bis jemand ein wirklich erfahrener Croupier ist.“

An den Tisch mancher Croupiers gesellen sich nicht nur Falschspieler, sondern auch Trickdiebe. Die bedienen sich an den Chips anderer Zocker – und damit an deren Geld. „Einen solchen Fall hatten wir vor zweieinhalb Jahren“, so Thomas Edelmann. Der Dieb sei nach bewährtem Muster vorgegangen – mit beidseitig klebendem Creppband unter der Handfläche. So habe er in Windeseile bei scheinbar harmlosen Gesten Chips anderer Spieler vom Tisch geklaubt. Aufgeflogen sei er erst, als sich die derart Erleichterten beim Croupier über ihren schwindenden Bestand an Spielgeld beschwerten. Darauf habe man die Chipstapel ausgewertet und Kamerabilder zu Rate gezogen – mit Erfolg. Auch hier setzte es Hausverbot plus Anzeige.

Ein wahres Wettrüsten zwischen Spielbanken und Betrügern findet laut Ingo Edelmann an den Spielautomaten statt. „Jede Veränderung der Sicherheitsstandards bringt auch eine Veränderung der Betrugsmethoden“, erläutert der Spielbank-Chef. Er erinnere sich an einen Fall, wo Betrüger ein Loch in den Automaten bohrten und anschließend mit einem dünnen Metallstab den Kontakt für die Münzzählung auslösten. „So konnten die Männer um hohe Summen spielen, ohne Geld einzuwerfen“, so Edelmann. In Potsdam habe man deshalb die Münzschlitze verschlossen. Das heißt aber nicht, dass die Spielbank auf das Geld der „sauberen“ Zocker verzichtet. Sie nimmt Banknoten oder Chipkarten – bis zur nächsten Rüstungswelle der Schummler. (Von Tim Tolsdorff)

Quelle: allgemeinezeitung.de