Linden: Westspiel fährt Casino an die Wand
Aachen. Den Abschied vom Spielcasino will sich die Stadt Aachen nach mehr als 35 Jahren teuer bezahlen lassen. Dies hat Oberbürgermeister Jürgen Linden am Freitag bekräftigt. Für ihn ist klar, dass der Casino-Betreiber Westspiel nur auf sein Ausscheiden aus dem OB-Amt wartet, um dann mit dem neuen Stadtoberhaupt Marcel Philipp eine Art «Ablöse» für die Schließung des Glückstempels auszuhandeln. Denn die Pachtverträge für die abgewirtschafteten Casino-Säle binden Westspiel eigentlich bis 2016 an Aachen. «Westspiel will nach Köln, weil es der lukrativere Standort ist», sagte Linden. Deswegen fahre der Westspiel-Vorstand das Casino Aachen «aus meiner Sicht mit voller Absicht an die Wand». Im Automatencasino in der Innenstadt sank der Spielertrag 2008 um 20,5 Prozent, man zählte nur noch 52.700 Gäste - 25 Prozent weniger als im Vorjahr. Beim «Klassischen Spiel» am Stammsitz im Kurpark registrierte man bei einem Minus von 16,3 Prozent nur noch 82.000 Besucher.

Seit 2000 sanken die Spielbank-Abgaben an die Stadt von 3,7 Millionen um mehr als zwei Millionen Euro. Die Zahl der Mitarbeiter wurde auf 160 reduziert. Gleichzeitig sparte man immer mehr Roulette-Tische, die Casino-Gastronomie stellte den regulären Restaurant-Betrieb im Frühjahr ein.

Auch wenn Linden selbst wohl nicht mehr an eine Zukunft des Casino-Standorts Aachen glauben mag, erneuerte er am Freitag seine zwei Hauptforderungen an Westspiel: Das Casino an der Monheimsallee müsse mit Millionen-Aufwand aufpoliert und das Automatenspiel mit dem «Klassischen Spiel» an einem Standort zusammengeführt werden. «Ich habe immer wieder alternative Standorte in Aachen vorgeschlagen - sogar in einem Hotelneubau», erklärte Linden. «Die Stadt würde ihren Beitrag zur Reaktivierung des Casinos leisten.» Westspiel habe darüber aber niemals ernsthaft verhandelt. Im Gegenteil: «Die Strategie hieß immer: Weg von Aachen, ab nach Köln.»

Westspiel darf in Nordrhein-Westfalen vier Casinos betreiben: in Duisburg, Dortmund-Hohensyburg, Bad Oeynhausen und Aachen. Für einen Wechsel nach Köln müsste das Innenministerium die Lizenzvorgaben ändern. Die Landesregierung bestimmt die Unternehmenspolitik über die NRW-Bank, der die Westspiel-Gruppe gehört. Dem Vernehmen nach hat Finanzminister Helmut Linssen starkes Interesse an einem Spielcasino in Köln, das deutlich höhere Einnahmen für die öffentliche Hand garantieren würde. Die Spielbank-Abgaben der gesamten Westspiel-Gruppe summierten sich 2008 auf 102,5 Millionen Euro. Bei der seit Jahren andauernden Hängepartie um den Standort Aachen mauerte Westspiel am Freitag weiter - und sah sich nicht zu einer Stellungnahme in der Lage.

Quelle: az-web.de