Neue Techniken führen zu mehr Verstößen gegen das Glücksspielgesetz
POTSDAM - Die erste flächendeckende Kontrolle in Brandenburg zu Verstößen gegen das Automatenspielgesetz brachte gleich einige dicke Fische ins Netz. Als im Februar Vertreter von Ordnungsämtern, die von Beamten des Landeskriminalamtes unterstützt wurden, im Auftrag des Wirtschaftsministeriums 89 Spielhallen und 24 Gaststätten und Internet-Cafés nach illegalen Spielen durchsuchten, stießen sie auf fast 100 illegale Geräte. In 14 Fällen leiteten die Beamten ein Strafverfahren ein. „Es gab beispielsweise Fälle, wo die Geräte den Zugang zu ausländischen Sportwetten ermöglichten“, sagt der Sprecher des Innenministeriums, Geert Piorkowski. Das sei ein Verstoß gegen das staatliche Glücksspielmonopol gewesen.
Vor allem hatten viele Betreiber immer noch die schon seit 2006 verbotenen „Fun Games“ aufgestellt. Angeblich dienen die Geräte nur der Unterhaltung, denn statt Geld gewinnt man „Punkte“ in Form von Spielchips. Tatsächlich jedoch händigten die Betreiber den Spielern für die Chips meistens Bargeld aus. Diese Form des illegalen Betriebs führte zum Verbot.
Zahlen, wie oft in Brandenburg mit Automaten gegen die gesetzlichen Vorschriften verstoßen wird, gibt es zwar nicht, aber offensichtlich halten sich die Verstöße in Grenzen. Laut Wirtschaftsministerium stellen die gewerblichen Spielhallen keinen bedeutenden Zweig der Wirtschaftskriminalität in Brandenburg dar. Den Eindruck bestätigt auch Jürgen Trümper, Geschäftsführer des seit Ende der 80er Jahre bundesweit aktiven Arbeitskreises gegen Spielsucht. Bei einer Stippvisite durch sieben Spielhallen kürzlich in Potsdam hatte der renommierte Glücksspielexperte nichts zu beanstanden.
Das sei nicht immer so gewesen. „Gerade aus Brandenburg hatten wir von den Ordnungsämtern in der Vergangenheit eine Reihe Nachfragen“, sagt Trümper. Eine Stichprobe seines Vereins hatte 2007 ergeben, dass fast jede fünfte Spielhalle in Brandenburg noch illegale „Fun Games“ aufgestellt hatte. Trotzdem sieht Trümper die neuen Bundesländer insgesamt als nicht so gefährdet an. „Die größeren Spielhallenketten sind hier sehr zurückhaltend.“ Der Osten sei eben konjunkturell schwächer.
Tatsächlich kommt in Brandenburg auf rund 500 Einwohner durchschnittlich nur ein öffentliches Glücksspielgerät. Bundesweit dagegen findet man durchschnittlich schon bei 350 Einwohnern einen Daddelautomaten. Gaststätten und Wettannahmestellen dürfen höchstens drei Geldspielautomaten aufstellen, Spielhallen nicht mehr als zwölf. Sogar die Abstände der Geräte sind geregelt.
Für die Maßnahmen gibt es gute Gründe. Auf die Suchtgefahr beim Automatenspiel weist Jakob Hein von der Psychiatrischen Poliklinik der Charité hin. Zum Teil ließen sich bei Spielern sogar Veränderungen des Nervensystems feststellen. „Es gibt Leute, die spielen, obwohl sie wissen, dass sie es nicht sollten, und die damit sogar ihre Familie ruinieren“, sagt Hein.
Spielsucht sei schwer festzustellen, räumt der Leiter der Potsdamer Spielbank, Ingo Edelmann, ein. „Wir können den Leuten nicht in den Kopf schauen.“ Mitarbeiter könnten lediglich geschult werden, bestimmte Suchtanzeichen zu erkennen. In Potsdam seien bereits einige Spielsperren ausgesprochen worden, allerdings hätten die Besucher sich oft selbst sperren lassen, weil sie ihr Verhalten für problematisch hielten.
Rudolph Bengt, Inhaber der Gaststätte „Happy Hour“ in Potsdam, glaubt nicht, dass der Staat ein ehrliches Interesse am Schutz der Spieler hat. Bengt gibt zu, dass seine drei Spielautomaten „auf jeden Fall“ einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner Einnahmen ausmachten und er noch mehr Automaten aufstellen würde, wenn er dürfte.
Doch weniger in Spielhallen oder Casinos als im Fernsehen und im Internet sieht Spielsuchtexperte Jürgen Trümper die Herausforderungen der Zukunft. Telegewinnspiele à la „9 live“ und Internet-Poker verführten zunehmend zu unverhältnismäßig großen Ausgaben der Spieler. (Von Rüdiger Braun)
maerkischeallgemeine.de
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