Frauen erobern Spielbank
Kassel. Es blinkt, klingelt, orgelt. Ein undefinierbarer mechanischer Klangteppich aus zig Geldspielautomaten beherrscht den Saal, mischt sich mit einem gedämpften Gemurmel. Hin und wieder ist ein Lachen zu hören. Eine weißhaarige Frau im Pelzmantel, die konzentriert auf die zuckende Anzeige ihres Automaten starrt, fällt ins Auge, denn bei den übrigen Gästen der Spielbank handelt es sich in überwältigender Zahl um sehr junge Frauen.
Jeden Donnerstag bildet sich vor der Spielbank eine atemberaubend lange Schlange durch die gesamte Kurfürsten-Galerie. Hunderte von Frauen warten auf den Einlass. Ab 18 Uhr ist Ladies’ Night. Für einen Euro Eintritt bekommt jede volljährige Frau ein Freispielticket für Automaten im Wert von sechs Euro. Auch Softgetränke sind heute für weibliche Besucher frei. Männer zahlen den normalen Eintritt von fünf Euro. Weil es in einer Spielbank um Glück geht, darf jede Frau am Einlass am Glücksrad drehen und hat damit die Chance, weitere Spielbons im Wert von bis zu 36 Euro zu gewinnen. Das reizt und führt zum Stau. „Vor allem Jüngere stehen hier geduldig an und scheinen sich dabei blendend zu amüsieren“, sagt Margrit Lischka, Verkäuferin im benachbarten Schuhgschäft. „Wenn ich um 20 Uhr Feierabend mache, ist die Schlange noch genauso lang.“
Früher Männerdomäne
Die Stimmung ist aufgekratzt. Gerangel gibt es nicht.
„Wir sind selbst überrascht von der Resonanz auf unser Angebot für Frauen“, sagt Frank Kleemann, der stellvertretende Spielbankleiter. Vor eineinhalb Jahren sei man mit der Ladies’ Night unter dem Titel „Hexenkessel“ gestartet. Inzwischen kämen jeden Donnerstag zwischen 1000 und 1400 Frauen. Früher sei das Spielkasino eine Männerdomäne gewesen. Heute beträgt der Anteil der weiblichen Gäste laut Branchenverband der Automatenindustrie VDAI über 20 Prozent.
„Das ist Entertainment und kostet weniger als ein Abend im Kino“, sagt Kleemann.
„Ich find’s einfach cool“, sagt Sandra. Direkt nach der Arbeit sei sie mit zwei Freundinnen in die Spielbank aufgebrochen. Und das nicht zum ersten Mal. Auch die 18-Jährigen aus Kassel, Gianna, eine Schülerin, und Olga, eine Studentin, kommen regelmäßig. Den Freispielbon lasse sie sich nicht entgehen, sagt Gianna, während sie am Automaten Knöpfe drückt. Angst davor, viel Geld zu verspielen, habe sie nicht. Sie halte sich streng an ihre Strategie: „Ich verspiele nur den Gutschein. Wenn ich gewinne, nehme ich das Geld, lege fünf Euro drauf und spiele anschließend Roulette.“
Roulette, Poker und die anderen Nicht-Automaten-Spiele kosten auch zur Ladies’ Night Normaltarif. Mindesteinsatz beim Roulette: zwei Euro. Höchstens 100 Euro können auf eine Zahl gesetzt werden. Gianna: „Dann geht der Nervenkitzel erst richtig los.“
Quelle: hna.de
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